Kritik an Draghi: "Feuerteufel, nicht Feuerwehrmann"

EZB behaelt sich Kauf von Staatsanleihen vor
EZB behaelt sich Kauf von Staatsanleihen vordapd
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Mangelnde Abstimmung und Schweigen zu Entscheidungen der Zentralbank lassen an der Glaubwürdigkeit des EZB-Chefs zweifeln.

EZB-Präsident Mario Draghi hatte am letzten Donnerstag im Juli in London vollmundig erklärt, dass die EZB im Rahmen ihres Mandats bereit sei, alles zum Erhalt des Euro Notwendige zu tun und alle sollten glauben, dass es ausreichen werde. Draghi hatte diese Worte mit großer Überzeugung transportiert, so dass daran anknüpfend große Erwartungen in die August-Sitzung der EZB in Frankfurt gesetzt wurden. Doch diese wurden letztlich nicht erfüllt. Denn die Londoner Ankündigung war mit den Kollegen vom EZB-Rat anscheinend nicht abgestimmt, so dass Draghi kräftig zurückrudern musste.

Zu diesem Schluss kommt der emeritierte US-Wirtschaftsprofessor Melvyn Krauss in der "FTD". Nicht, dass der EZB-Chef bei der Pressekonferenz nach dem EZB-Rat in Frankfurt etwas Falsches sagte. Denn er tat genau das, was er tun sollte: die Politiker der Krisenländer dazu drängen, das Richtige zu tun. Nur die Londoner Ankündigung und die Frankfurter Worte passten nicht zusammen. Nach einer Schocksekunde, in der ihm das klar wurde, deutete dann auch Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy an, seine Regierung werde sich möglicherweise doch um das an Bedingungen geknüpfte EFSF-Geld bemühen. 

"EZB verkommt zur Spielbank"

Mario Draghi liegt mit seinem Führungsstil auf einer anderen Linie als sein Vorgänger Jean-Claude Trichet, der umfassende Konsultationen mit seinen EZB-Ratskollegen für eine Selbstverständlichkeit hielt. Diese wollen einen solchen Alleingang ihres Vorsitzenden nicht noch einmal dulden.

Auch die gemeinsame Entscheidung der EZB, Griechenland eine Aufstockung ihrer Kurzfrist-Anleihen (ELA) um weitere vier Milliarden Euro zu genehmigen, sorgte für Empörung. Und als hätte Draghi nicht ohnehin genügend Probleme, wird er als EZB-Chef auch für diesen Deal verantwortlich gemacht. CSU-Politiker Hans Michelbach sieht im Gespräch mit dem Handelsblatt die EZB unter Draghis Führung gar zur Spielbank verkommen. Die zurückhaltende Kommunikationsform der Zentralbank lässt Michelbach auch vermuten, dass es noch mehr risikobehaftete Geheimgeschäfte gebe, über die Politik und Bürger im Unklaren gelassen werden.

"Super Mario will Feuerwehrmann spielen"

Harsche Kritik in der Angelegenheit äußerte auch FDP-Finanzexperte Frank Schäffler. Mit Blick auf den EZB-Chef sagte Schäffler Handelsblatt Online: "Super Mario will Feuerwehrmann spielen, ist aber tatsächlich der Feuerteufel." Das Geld, das Athen bis zur Auszahlung der nächsten Hilfstranche in Höhe von 31 Milliarden Euro im September über Wasser halten soll, nannte Schäffler ein "perpetuum mobile", mit dem man vielleicht einige Woche Zeit gewinnen könne. "Aber die Konkursverschleppung Griechenlands zerstört das Vertrauen in den Euro", warnte der FDP-Politiker.

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