Medienrecht: Dreharbeiten ohne Genehmigung

Symbolbild
Symbolbild(c) Www.BilderBox.com (Www.BilderBox.com)
  • Drucken

Ob verdeckte Videos wie im Fall des ehemaligen ÖVP-EU-Abgeordneten Ernst Strasser bei uns erlaubt wären, hängt vom öffentlichen Interesse ab.
Mediengesetz und Presse-Ehrenkodex geben keine eindeutige Antwort.

Erneut sind Details aus den geheim aufgezeichneten Gesprächen zwischen den als Lobbyisten getarnten britischen Journalisten und dem ehemaligen ÖVP-EU-Abgeordneten Ernst Strasser bekannt geworden. Gegen den Expolitiker – er gestand: „Die meisten Parlamentarier sind so faul wie ich“ – wird wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Diskutieren lässt sich nun, wie schon im März 2011, als die Strasser-Videos der „Sunday Times“ auf YouTube aufgetaucht sind, ob eine solche Täuschung in Österreich erlaubt wäre.

Mediengesetz und Presse-Ehrenkodex geben darauf keine eindeutige Antwort. Fest steht nur, dass die verdeckte Recherche nicht anerkannt ist. Schon das deutsche Bundesgericht in Karlsruhe rügte 1981 in einem Urteil Günter Wallraffs Recherche in der „Bild“-Zeitung als „anstößiges Einschleichen“ – da er dadurch aber „Fehlentwicklungen eines Journalismus aufdeckte, an deren Erörterung die Allgemeinheit wegen der einschneidenden Folgen von Meinungsmanipulationen in hohem Maß interessiert sein“ müsse, ging der Aufdecker straflos aus.

Auch der Ehrenkodex für die österreichische Presse verbietet „unlautere Methoden“ bei der Materialbeschaffung, wie Irreführung und Einschüchterung und eben auch „die Verwendung geheimer Abhörgeräte“. Dem Ehrenkodex unterliegen Journalisten aller Printmedien, die sich dem Österreichischen Presserat angeschlossen haben. Alexander Warzilek, Geschäftsführer des Presserates, betont, dass stets die schutzwürdigen Interessen einer Einzelperson mit dem Interesse der Öffentlichkeit abzuwägen seien, und erzählt von einem konkreten Fall: Im Jahr 2011 hatte sich eine Reporterin einer Wochenillustrierten ins Krankenzimmer der Lebensgefährtin eines mutmaßlichen Mörders eingeschlichen, um mit ihr ein Interview zu machen. „Einer unserer Senate hat damals entschieden, dass das nicht in Ordnung ist, weil in diesem Fall kein besonderes öffentliches Interesse daran bestand, die Partnerin eines Verbrechers zu interviewen.“

Veröffentlichung strafbar

Einen ähnlichen Fall wie den der Strasser-Videos hatte kürzlich der britische Presserat (Press Complaints Commission, PCC) zu entscheiden: Reporter gaben sich gegenüber einer PR-Firma als Berater der usbekischen Regierung aus und nahmen die Gespräche auf, um sie im „Independent“ zu veröffentlichen und zu beweisen, dass das Unternehmen bereit ist, mit einem umstrittenen Regime zusammenzuarbeiten. Die PCC wies die Beschwerde mit der Begründung ab, das von der Zeitung vorgebrachte öffentliche Interesse an den Vorgängen rechtfertige die unerlaubten Recherchemethoden.

Warzilek glaubt, der Österreichische Presserat hätte ähnlich wie die britischen Kollegen entschieden, dennoch sieht er Handlungsbedarf: „Wir wollen in Zukunft eine Klarstellung in den Ehrenkodex schreiben, wie solche Fälle zu behandeln sind.“ Jedenfalls strafbar wäre im Fall Strasser aber die Veröffentlichung der Videos auf YouTube, solange er kein Einverständnis dazu gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Fall Strasser: „Laden Sie den Verantwortlichen nach Wimbledon ein“

Ex-ÖVP-EU-Parlamentarier und Innenminister Ernst Strasser gab den als Lobbyisten getarnte Journalisten der britischen „Sunday Times“ zwischen Ende 2010 und Anfang 2011 Tipps, wie man in der Politik Erfolg hat.
Kommentare

Strasser, ein Medienversagen

Die Verfehlungen des Ex-EU-Parlamentariers hätten früher aufgedeckt werden können.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.