Faymann'sches Sittenbild

Die Vernehmungsprotokolle des Bundeskanzlers sind schlicht peinlich.

Gut möglich, dass in der Inseratenaffäre strafrechtlich an den Herren Werner Faymann und Josef Ostermayer nichts hängen bleiben wird. Zumindest dürfte aber nun klar sein, dass sich beide SPÖ-Politiker viel mit der Frage beschäftigen, wie staatsnahe Unternehmen in Faymann-nahen Boulevardzeitungen inseriert haben. Die Protokolle der Einvernahme des Kanzlers, seines Staatssekretärs und des Ex-Chronik-, heute De-facto-Innenpolitik-Chefs der „Krone“, Claus Pandi, liefern ein Sittenbild, das für die SPÖ nur eines ist: peinlich.

Da bekennt der amtierende Kanzler in der schwersten Währungskrise seit Jahrzehnten, er habe 2007 vor der Angelobung zum Verkehrsminister mit „Krone“-Chef Hans Dichand diskutiert, wie er seine Erfahrung als Wohnbaustadtrat zur Verbesserung des ÖBB-Images einbringen könnte. Dichand, mittlerweile verstorben und somit kein sehr riskanter Zeuge, soll geraten haben, die schönste „Erfahrung“ als Stadtrat anzuwenden: mit Fotos in Ombudsmannpose in der „Krone“ zu werben. Interessanterweise sagt Pandi, dass Faymann auch ihn auf eine solche Inseratenvariante angesprochen habe. Nicht etwa umgekehrt. Faymann bestätigt das.

Ein Minister, heute Kanzler, erkundigt sich also bei Journalisten nach Effizienz und Gestaltung eines Inserats mit eigenem Foto auf ÖBB-Rechnung. Faymann hat Glück, dass es Kärnten gibt.

E-Mails an: rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2012)

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