Der ehemalige Bundeskanzler liebäugelt mit dem Umbau der EU in einen Bundesstaat nach Vorbild der USA: "Europa wird einen Präsidenten mit eigener Regierung bekommen."
"Für einen so großen heterogenen Raum wie Europa gibt es noch kein besseres Modell als die politische Grundstruktur der USA", zeigte sich der frühere SPÖ-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer überzeugt. Er trete daher dafür ein, Europa nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika umzubauen. Das sagte der Altkanzler in einem Interview mit dem Wirtschaftsmagazin "Format" in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe.
Gusenbauer ist der Ansicht, dass an der Spitze Europas ein direkt gewählter Präsident mit einer europäischen Regierung stehen soll. Daneben soll es, wie in den USA, zwei Kammern geben: "Einerseits die direkt gewählten Abgeordneten, das heutige EU-Parlament; andererseits das, was heute der europäische Rat ist, also die Vertreter der Mitgliedsstaaten - ähnlich dem amerikanischen Senat."
"Gemeinsame Wirtschaftspolitik nötig"
Ein Zentralstaat würden die Vereinigten Staaten von Europa aber seiner Ansicht nach nie sein. Aufgrund der unterschiedlichen historischen Traditionen gebe es weiterhin viele regionale Unterschiede. "Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik brauchen wir in jedem Fall, weil sonst eine gemeinsame Währung, wie man sieht, schwerlich funktioniert", so Gusenbauer.
Die Sorge des italienischen Ministerpräsident Mario Monti, der dieser Tage vor einem Auseinanderbrechen Europas gewarnt hat, hält Gusenbauer für berechtigt. "Wer nicht blind durch die Gegend geht, bemerkt, dass die inneren Spannungskräfte in Europa zunehmen", sagt der 52-jährige.
Umbauplan der EU-Außenminister
Damit solidarisiert sich Gusenbauer mit dem Vorstoß der sogenannten "Zukunftsgruppe", die vom deutschen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) initiiert wurde. Sie besteht aus den EU-Außenministern, die im Juni einen Entwurf für ein bundesstaatliches Modell der Union präsentierten. Demnach soll der Präsident der Kommission zum direkt gewählten Regierungschef aufgewertet werden, der sich sein Regierungsteam selbst zusammenstellt. Da bei ihm die Entwicklung von neuen Gesetzen und deren Umsetzung zusammenliefen, wäre er künftig der einflussreichste Politiker Europas.
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In Österreich wurde dieses Modell bereits in den 1990er-Jahren vom damaligen Bundesrat und mittlerweile verstorbenen Manfred Mautner-Markhof entwickelt. Er fand aber bei dem damaligen Außenminister Wolfgang Schüssel (ÖVP) kein Gehör.
(Red./APA)