Steuerdaten-CD: Auch Österreicher müssen wieder zittern

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Die deutsche Finanz hat jetzt erneut Daten über Schwarzgeldkonten in der Schweiz gekauft. Das Material umfasst tausende Konten, auch Österreicher dürften betroffen sein. Die Auswertung läuft gerade.

Wien. Einige Steuerhinterzieher in Österreich zählen vielleicht schon die Tage. Am 1. Jänner 2013 wird Schwarzgeld, das sie in der Schweiz gebunkert haben, mit einer einmaligen Abschlagszahlung legalisiert. Doch zuvor könnte es für einige noch unangenehm werden: Ein deutsches Bundesland hat jetzt wieder tausende Daten mit Schwarzgeldkonten aus der Schweiz gekauft, und darunter sind vermutlich auch Österreicher.

Vier CDs haben Steuerfahnder in Nordrhein-Westfalen (NRW) für interessant genug befunden, um dem unbekannten Anbieter eine beträchtliche Summe zu überweisen: neun Millionen Euro, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Die Daten sollen diesen hohen Betrag durchaus wert sein: Eine Stichprobe hätte bereits einen Steuerhinterzieher entlarvt, der einen zweistelligen Millionenbetrag in die Schweiz geschafft hat.

Wie 2008, als Deutschland eine Schwarzgeld-CD mit Daten aus Liechtenstein kaufte (damals für fünf Mio. Euro), wird die österreichische Finanz von dem Ankauf – kostenlos – profitieren. Ein EU-Abkommen schreibt nämlich vor, dass Daten dem Heimatland des Steuerhinterziehers übermittelt werden müssen.

Fast drei Gigabyte an Daten

Wie viele Österreicher auf den knapp drei Gigabyte zu finden sind, ist nicht bekannt. Die Auswertung läuft gerade, die Finanzfahnder in Nordrhein-Westfalen rechnen mit ersten Verfahren noch vor Ende des Sommers.
Von welchen Banken die Daten stammen, sagt die Finanz nicht. Laut Berichten deutscher Medien sollen es vor allem Daten der Großbank UBS („ein ganz dickes Ding“) und der Privatbank Coutts in Zürich sein.

Österreich kommt mit dem neuerlichen Datensatz in eine Zwickmühle. In dem Schwarzgeldabkommen mit der Schweiz verpflichtet sich Wien nämlich, keine aktiven Bemühungen um den Erwerb von Kundendaten zu unternehmen, die von Banken in der Schweiz entwendet wurden.

Im aktuellen Fall käme Österreich zwar dank des Amtshilfeabkommens passiv zu den Unterlagen. Dennoch sei es „irgendwie seltsam“, wenn man wenige Monate vor dem Inkrafttreten des Abkommens neue Steuerverfahren einleite, meinte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums.
Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, der ebenfalls ein Schwarzgeldabkommen mit der Schweiz verhandelt hat, kritisierte den Ankauf durch NRW. Das sei kein „umfassender Ansatz zur befriedigenden Besteuerung“.

Ein Sprecher des Wiener Finanzministeriums erklärte, man habe „auf jeden Fall Interesse daran, Steuerflüchtlingen auf die Spur zu kommen“. Im konkreten Fall gebe es aber noch sehr viele Fragezeichen und Konjunktive.

Stichtag für mögliche Verfahren ist der 1. Jänner, an dem das Schwarzgeldabkommen mit der Schweiz in Kraft tritt. Mit einer Einmalzahlung in Höhe von 15 bis 38 Prozent wird Schwarzgeld dann legalisiert. Österreich rechnet 2013 mit einer Einmalzahlung in Höhe von einer Milliarde Euro.

25 Mio. Euro aus alter Steuer-CD

Für die Finanzministerin sind Steuer-CDs ein gutes Geschäft. Bevor Österreich 2008 von Deutschland die Daten aus Liechtenstein erhielt, erstatteten 111 Personen Selbstanzeige, um einem Strafverfahren zu entgehen. 43 davon fanden sich gar nicht auf der CD.

Insgesamt liefen und laufen aufgrund der Liechtenstein-Daten Verfahren gegen 200 Personen wegen Steuerhinterziehung. Mit Stand 2010 verdankte das Finanzressort der CD Einnahmen in Höhe von 25 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2012)

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