Inseraten-Affäre: Kaum Chance auf Anklage

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Der Kanzler dürfte einer Anklage entgehen. Im Korruptions-U-Ausschuss soll er aber aussagen. Kritik gibt es unterdessen an jenem Experten, der das Gutachten erstellt hat.

Wien. Zumindest juristisch könnte die Inseraten-Affäre für Werner Faymann schon bald ein Ende haben: Die Ermittlungen wegen Verdachts der Untreue, die gegen ihn laufen, dürften bald eingestellt werden. Der Grund dafür ist jenes Gutachten, das die Justiz bei dem deutschen Sachverständigen Stefan Braun in Auftrag gegeben hat. In der Expertise wird Faymann entlastet. Die Medienkooperation, die der damalige Verkehrsminister im Jahr 2007 für die ÖBB in der „Krone“ lanciert haben soll, ist dem Gutachten zufolge finanziell gerechtfertigt: Sie soll jene 500.000 Euro, die die ÖBB damals bezahlten, auch wert gewesen sein.

Die Anklage wegen Untreue wird so immer unwahrscheinlicher, sagen Juristen. Die finanzielle Schädigung sei eine Voraussetzung dafür, den Tatbestand der Untreue zu erfüllen. Auch Staatssekretär Josef Ostermayer (SPÖ), der die Geschäfte abgewickelt haben soll, wird entlastet.

Was bleibt, ist der – politisch unschöne – Vorwurf, Faymann habe staatsnahe Betriebe gedrängt, in SPÖ-freundlichen Medien für hohe Summen zu inserieren. Die ÖVP will den Kanzler daher weiterhin im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss laden, der ab kommendem Monat die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Untreue bzw. der Anstiftung dazu zum Thema hat. „Der Herr Bundeskanzler und der Herr Staatssekretär sollten selber ein Interesse daran haben, die Geschichte aufzuklären“, so ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf in den „Vorarlberger Nachrichten“. Bisher hatte sich die ÖVP aus Koalitionsräson stets zurückhaltend geäußert.

Strafverfahren gegen Martin Huber

Kritik gibt es unterdessen an jenem Experten, der das Gutachten erstellt hat: Der deutsche Sachverständige Stefan Braun ist kein „öffentlich bestellter und vereidigter“ Sachverständiger. Grundsätzlich kann sich in Deutschland jeder mit gehobenem Sachverstand, also nach einer Meisterprüfung oder mit abgeschlossenem Studium (ein Bakkalaureat reicht), Sachverständiger nennen.

Brauns Antrag, als „öffentlich bestellter und vereidigter“ Sachverständiger eingetragen zu werden, wird laut Auskunft der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main gerade bearbeitet. Brauns Fachgebiet ist „Medientechnik und -design“. Zwar führt er auf seiner Website den Punkt „Medienwirkung, Leistungswerte von Medien“ an, doch seine Expertise scheint – wie ein Blick auf sein Publikationsverzeichnis zeigt – eindeutig im technischen Bereich zu liegen.

Entlastet wurde Faymann zuletzt aber nicht nur durch das Gutachten, sondern auch durch den damaligen ÖBB-Chef Martin Huber. Dieser sagte, es habe habe keinen politischen Druck auf ihn gegeben, die Inserate zu schalten. Dabei würde sich Huber selbst über einen gewichtigen Entlastungszeugen freuen.

Gegen den früheren ÖBB-Chef läuft nämlich ebenfalls ein Strafverfahren. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt gegen Huber und seine Frau, Barbara Huber-Lipp, wegen der Telekom-Affäre. 2006 kaufte Hubers Ehefrau der Telekom Teile eines Wiener Innenstadt-Palais ab. Kaufpreis: sechs Millionen Euro.

Nach etwas mehr als einem Jahr verkaufte sie das Luxusobjekt um mehr als den doppelten Preis. Ein gutes Geschäft. Mit einigen unschönen Nebenaspekten. Der damalige Telekom-Festnetzchef Rudolf Fischer war nicht nur enger Freund und Golfpartner der Hubers, er saß auch im ÖBB-Aufsichtsrat. Das lukrative Geschäft wurde 2009 publik, nicht zuletzt, weil sich die Grün-Politikerin Gabriela Moser der Sache annahm. Sie schickte eine Sacherverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft. Wenig später wurden die Ermittlungen mangels Fakten eingestellt.

Moser, mittlerweile als Leiterin des parlamentarischen Untersuchungsausschusses einer breiten Öffentlichkeit bekannt, setzte nach. Ihre zweite Anzeige wegen des Verdachts der Untreue, Betrugs und Täuschung mündete schließlich in umfangreichen Ermittlungen. Was die Staatsanwaltschaft besonders interessiert: 75 Prozent an der Immobilienfirma von Hubers Frau hielt ein Wiener Anwalt treuhändisch. Für wen? Huber? Fischer? Alle beide? Keinen von beiden? Noch konnten die Ermittler das Rätsel nicht lösen. Für alle Genannten gilt wie immer die Unschuldsvermutung.

Auf einen Blick

Werner Faymann (SPÖ) soll im Jahr 2007 als Verkehrsminister staatsnahe Betriebe dazu gedrängt haben, in bestimmten Boulevardmedien zu inserieren. Es besteht der Verdacht der Untreue.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2012)

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