Beben verwüstet 100 Dörfer im Iran

Beben verwuestet Doerfer Iran
Beben verwuestet Doerfer Iran(c) REUTERS (HANDOUT)
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Tausende Obdachlose. Im Nordwesten des Iran starben mindestens 250 Menschen durch Erdstöße. Zahlreiche Opfer werden noch unter den Trümmern ihrer Häuser vermutet.

[Teheran/DPA/Reuters/APA] „In einer Minute war alles weg.“ Der 51-jährige Karim sitzt mit seinem Sohn vor den Trümmern seines Hauses in der nordwestiranischen Provinz Aserbaidschan. Der Bub ist das Einzige, was ihm nach den zwei Erdstößen, die die Region am Samstag mit einer Stärke von 6,3 und 6,4 erschüttert hatten, geblieben ist. Seine Frau und drei weitere Kinder wurden von den Trümmern erschlagen.

Viel haben die Beben von dem 1000-Einwohner-Dorf Badsche-Badsch nicht übrig gelassen. Nur mehr ein Zehntel der Häuser stand nach den Erdstößen noch. 100 Dörfer wurden laut offiziellen Angaben zerstört, rund 250 Menschen wurden getötet, tausende wurden verletzt. „Wir können uns keine erdbebensicheren Häuser leisten, und Kredite geben uns die Banken auch nicht, daher können wir nur beten, wenn ein Beben kommt“, sagt der 45-jährige Madschid der deutschen Nachrichtenagentur DPA. Er hat „nur“ sein Haus verloren, seine Familie ist wohlauf: „Bis ich das wieder aufbaue, bin ich schon tot“, sagt er angesichts des Trümmerhaufens, in den die Beben sein Zuhause verwandelt haben.

Die ganze Nacht hindurch waren Retter im Einsatz und durchsuchten die Trümmer nach Überlebenden. 16.000 Menschen verbrachten die Nachtstunden, in denen es ungefähr 40 kleinere Nachbeben gab, in hastig errichteten Notunterkünften. „Die Leute sind verängstigt, sie wollen nicht in ihre Häuser zurückgehen, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlen“, sagt ein Helfer.

„Für viele kam die Hilfe zu spät.“


„Viele Menschen hätten vielleicht gerettet werden können, wenn es hier zumindest kleine Kliniken gäbe“, sagte ein Helfer in Badsche-Badsch. Die gibt es aber nicht, auch keine Ärzte. Die Schwerverletzten mussten in Krankenhäuser in die benachbarten Städte gebracht werden, vor allem auch in die Regionalhauptstadt Täbris. Zahlreiche Menschen überlebten den Transport allerdings nicht. Der Rote Halbmond hat neben Zelten für die Überlebenden auch mobile Krankenhäuser aufgebaut: „Viele hat das gerettet, für viele kam die Hilfe aber zu spät, und das ist sehr traurig“, klagt der Helfer, der seinen Namen nicht nennen will.

Instabile Gebäude

Zahlreiche zum Teil schwer verletzte Menschen lagen auch am Sonntag noch unter den Trümmern, und zahlreiche Gerettete befanden sich in kritischem Zustand. Es wurde deshalb erwartet, dass die Opferzahlen noch steigen werden. Die Provinz Aserbaidschan ist eine bergige Region an der Grenze zum gleichnamigen Staat Aserbaidschan und zu Armenien. Einwohner sind überwiegend Aseris, eine bedeutende Minderheit im Iran. Die Hauptstadt Täbris ist ein wichtiger Handelsplatz mit zumeist solide gebauten Häusern. Dort gab es daher auch keine Todesopfer. In den Dörfern, wo weit weniger solide gebaut wird, sieht es anders aus. Hier können auch kleinere Erdstöße eine verheerende Wirkung zeitigen.

Erdbebenzone Iran

Der Iran liegt in einer äußerst gefährdeten Erdbebenzone, weshalb es immer wieder zu verheerenden Erdstößen kommt: 2003 hat ein Beben mit der Stärke 6,6 in der südöstlichen Stadt Bam mehr als 25.000 Menschen getötet. Das letzte größere Beben ereignete sich 2005 in der Provinz Kerman, ebenfalls im Südosten des Landes. Damals starben mehr als 600 Menschen. Das verheerendste Beben ereignet sich im Jahr 1990, mit mehr als 50.000 Todesopfern und noch einmal doppelt so vielen Verletzten. Eine halbe Million Menschen verlor damals durch den Erdstoß mit der Stärke 7,4 in der Region am Kaspischen Meer ihr Zuhause.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2012)

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