Vatileaks: Ex-Kammerdiener des Papstes muss vor Gericht

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In der Wohnung des ehemaligen Kammerdieners des Papstes wurden vertrauliche Dokumente beschlagnahmt. Einem Programmierer des vatikanischen Staatssekretariats wird Beihilfe zum Diebstahl vorgeworfen.

In der Enthüllungsaffäre "Vatileaks" muss sich der beschuldigte Kammerdiener von Papst Benedikt XVI., Paolo Gabriele, wegen schweren Diebstahls vor Gericht verantworten. In seiner Wohnung wurden vertrauliche Dokumente beschlagnahmt. Außerdem werde Anklage gegen einen weiteren Beschuldigten erhoben, teilte der vatikanische Ermittlungsrichter Piero Bonnet am Montag mit.

Dabei handelt es sich um einen Mitarbeiter des vatikanischen Staatssekretariats, Claudio Sciarpelletti. Bisher war noch kein zweiter Name eines Verdächtigen im Zusammenhang mit der so genannten Vatileaks-Affäre bekanntgegeben worden. Sciarpelletti arbeitete als Programmierer im Staatssekretariat. Ihm wird Beihilfe zum Diebstahl vorgeworfen. Er werde aber weniger belastet als Gabriele, sagte der vatikanische Pressesprecher, Pater Federico Lombardi. Sciarpelletti könne nicht direkt als "Komplize" betrachtet werden. Seine Aussagen seien in mehreren Aspekten unklar.

Dokumente beschlagnahmt

Bei Ex-Kammerdiener Paolo Gabriele wurden nicht nur vertrauliche Dokumente des Papstes beschlagnahmt. In seiner Wohnung wurden auch ein Scheck in Höhe von 100.000 Euro, der für den Papst ausgestellt worden war, sowie ein Goldnugget und eine Ausgabe der "Äneis" aus dem Jahr 1581 gefunden. Dabei handelt es sich um Geschenke für den Papst.

Gabriele hat bestritten, vom Scheck des Heiligen Vaters in Höhe von 100.000 Euro Bescheid gewusst zu haben. Der Scheck sei versehentlich unter anderen Dokumenten des Papstes untergekommen. Gabriele habe niemals daran gedacht, den Scheck zu kassieren, berichtete sein Rechtsanwalt Carlo Fusco nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Laut den Dokumenten der vatikanischen Ermittler habe Gabriele mit seiner Unordentlichkeit erklärt, dass sich Geschenke des Papstes in seiner Wohnung befanden. Öfters sei er vom Heiligen Vater beauftragt worden, seine Geschenke in ein Lager zu bringen. Außerdem hab er vom Privatsekretär des Papstes, Georg Gänswein, Bücher bekommen, die dem Heiligen Vater geschenkt wurden.

Kein Vorteil aus Interview

Der am 23. Mai verhaftete Gabriele gab zu, dass er den italienischen Journalisten Gianluigi Nuzzi in dessen Wohnung getroffen habe. Dieser veröffentlichte angebliche Geheimdokumente aus dem Vatikan in seinem Buch mit dem Titel "Sua Santita" (Seine Heiligkeit). Dazu gehören Briefe und Faxe sowie Gesprächsvorlagen für den Papst. Gabriele erklärte, dass er von Nuzzi anonym für eine TV-Reportage interviewt worden sei, die im Frühjahr von dem TV-Sender La 7 gesendet wurde.

Der Kammerdiener versicherte, dass er kein Geld, oder andere Vorteile für die Weitergabe der Dokumente erhalten habe. "Ich war der Ansicht, dass der Heilige Vater nicht korrekt über einige Angelegenheiten informiert war", berichtete Gabriele den Ermittlern. Er habe die vertraulichen Dokumente auch seinem Beichtvater übergeben, der sie verbrannt habe.

Bis zu sechs Jahre Haft

Gabriele sei außerdem einem psychiatrischen Gutachten unterzogen worden. Gabriele saß nach seiner Festnahme zunächst 53 Tage lang in Haft, bevor er im Juli unter Hausarrest gestellt wurde. Seit 2006 hatte er für den Papst gearbeitet und war einer der wenigen Vertrauten des Oberhaupts der katholischen Kirche, die auch Zugang zu dessen Privaträumen hatten. Im Fall einer Verurteilung drohen Gabriele bis zu sechs Jahre Haft.

Die vatikanischen Ermittler haben nicht ausgeschlossen, dass die Untersuchung zu möglichen Komplizen des Kammerdieners von Benedikt XVI., Paolo Gabriele, weitergeführt werden könnten.

(APA)

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