Fischler: "Große Betriebe brauchen keine Einkommensstütze"

(c) FABRY Clemens
  • Drucken

Ex-Landwirtschaftskommissar und -minister Franz Fischler sieht im Interview mit der "Presse" Steuergeschenke für Großbauern kritisch und findet das SPÖ-Ansinnen, Förderungen für Bauern zu kürzen, sachlich falsch.

Die Presse: Die SPÖ will die Förderungen für die Bauern kürzen und anders verteilen. Verstehen Sie dieses Ansinnen?

Franz Fischler: Das verstehe ich nicht ganz, und es ist auch sachlich falsch. Bei einem Teil der Förderungen kann Österreich überhaupt nicht bestimmen, ob sie anders verteilt werden, weil sie zu hundert Prozent aus der EU-Kassa kommen.

Der Rechnungshof hat kürzlich kritisiert, dass in Österreich zu viel Geld an die Bauern ausgeschüttet worden sei – freiwillig.

In der zweiten Säule, aus der unter anderem die Umweltzahlungen kommen, wurden laut dem Rechnungshof manche Projekte überfördert. Das ist durchaus eine Überprüfung wert. Aber es gibt EU-weit Übereinstimmung, dass die Mitgliedstaaten ab 2014 viel genauer nachweisen müssen, ob die Förderbeiträge ökonomisch gerechtfertigt sind. Da muss Österreich keinen Alleingang starten.

Die heimischen Bauern leben zum Teil von diesen Förderungen, viele müssten ohne sie zusperren. Ist diese Subventionspolitik noch zeitgemäß?

Da ist in Österreich aber keine Ausnahme. Eines müsste man korrigieren, nämlich dass die Grenzen der Förderung nach oben offen sind. Ich bin sehr dafür, dass man Obergrenzen einführt. Das habe ich schon seinerzeit als Kommissar versucht. Weil die Philosophie der Förderungen so nicht erklärbar ist. Zum einen dienen die Förderungen dazu, die Kosten für die öffentlichen Güter, die die Landwirtschaft erzeugt, abzudecken. Zweitens sind die Förderungen in weiten Teil Europas ein wesentlicher Teil des Einkommens der Landwirte. In Betrieben, wo das nicht der Fall ist, gibt es auch für eine Einkommensstützung keine Rechtfertigung.

Wenn nur die gefördert werden, die wenig verdienen, ist das aber nicht gerade ein Anreiz für effizientes Wirtschaften.

Aber ein großer Betrieb macht auch so Gewinne. Auch ein Großbetrieb sollte Geld dafür bekommen, dass er öffentliche Güter produziert, wie beispielsweise Umweltleistungen. Aber eine Einkommensstützung ist da nicht notwendig. Diese zwei Dinge muss man auseinanderhalten.

Trotz der Einkommensstützung hat seit dem Jahr 1999 ein Fünftel der Betriebe zugesperrt. Das sieht so aus, als würden die Subventionen ihren Zweck verfehlen.

Die Einkommenshilfe für kleine Betriebe braucht es. Dass es eine gewisse Strukturentwicklung braucht, ist die andere Sache. Wichtig ist, dass die Politik dafür sorgt, dass es zu keinen Brüchen kommt, dass nicht schlagartig zigtausende Landwirte zusperren. Das wäre fatal, auch für die Umwelt und die Regionen. Aber ein gewisser Strukturwandel ist durchaus vernünftig. Ich sehe kein Argument dafür zu glauben, dass die momentane Struktur in der Landwirtschaft die einzig richtige für die Zukunft ist.

Neben den Förderungen werden die Bauern auch durch die steuerliche Pauschalierung begünstigt, ein klares Steuergeschenk, meinen Kritiker. Ist das gerechtfertigt?

Für die größeren Betriebe ist die Pauschalierung eine Art Steuergeschenk. Aber das stimmt nicht in jedem Fall. Viele Bauern würden besser aussteigen, wenn sie von sich aus auf die Pauschalierung verzichteten und Buch führten. Ich würde längerfristig dafür plädieren, dass die Landwirte Buch führen. Weil sie auf diese Weise auch einen klareren ökonomischen Überblick über ihre Betriebe bekommen würden. Ich glaube nicht, dass man den Landwirten einen so guten Dienst erwiesen hat, indem man die Grenze für die Pauschalierung noch einmal hinaufgesetzt hat. Ein völliges Abschaffen würde ich aber für einen Unsinn halten, bei kleinen Betrieben macht das keinen Sinn. Wo man die Grenze zieht, ist eine politische Frage, da lege ich mich nicht fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Budget SPoe will Agrarsubventionen
Österreich

Budget: SPÖ will Agrarsubventionen kürzen

SP-Finanzstaatssekretär Schieder fordert ein Zukunftskonzept vor der Wahl des Vorstands. VP-Landwirtschaftsminister Niko Berlakovich verspricht er einen "heißen Herbst".
Symbolbild
Innenpolitik

Bauernkritiker im Clinch

Der SPÖ-Angriff gegen vermeintlich "übersubventionierte" Bauern stößt auf Widerstand.
Leitartikel

Der Neid als Wahlkampf-Thema

Die SPÖ bereitet sich offenbar auf vorgezogene Neuwahlen im Frühjahr 2013 vor und setzt dafür auf Altbekanntes: eine Neiddiskussion über Reiche und Bauern.
Innenpolitik

Vorstoß vor Wahl: Niessl für Kilometergeld statt Pendlerpauschale

Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Niessl erhält für seine Reformpläne für Pendler ÖVP-Unterstützung aus Niederösterreich. Das „derzeitige ungerechte Pendlerpauschalsystem“ solle endlich reformiert werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.