Beatrix Karl: "Ein Wahnsinn, was in Kärnten passiert"

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(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) erklärt, warum sie die Vorfälle in Kärnten entsetzen und warum das Strafrecht trotzdem nicht weiter verschärft werden soll.

Die Presse: Frau Minister, Sie haben gesagt: „Korruption hat es immer gegeben“. Sollen wir also ob der Dinge, die nun ans Tageslicht kommen, gar nicht beunruhigt sein?

Beatrix Karl: Das Positive ist, dass die Dinge jetzt aufbrechen und dass Korruption nicht mehr als Kavaliersdelikt gesehen wird. Jetzt sehen wir deutlich, dass Korruption nicht mehr geduldet wird. Und das ist richtig so.

Wie lange war Korruption ein Kavaliersdelikt?

Rechtshistorische Betrachtungen interessieren mich als Ministerin nicht so. Wichtig sind die Gegenwart und die Zukunft. Und hier hat sich mit der Verschärfung des Korruptionsstrafrechts und dem Ausbau der Korruptionsstaatsanwaltschaft viel getan.

Die Frage ist nicht nur aus rechtshistorischer Sicht interessant. Meinen Sie, dass heimische Politiker Korruption als Kavaliersdelikt angesehen haben?

Das kann ich nicht ausschließen. Ich würde für niemanden in der Vergangenheit die Hand ins Feuer legen. Aber wichtig ist, dass Fälle, die Politiker betreffen, ungeachtet von Ansehen der Person oder Parteizugehörigkeit, aufgeklärt werden.

Benötigt man im Lichte der Dinge, die jetzt ans Tageslicht kommen, weitere Verschärfungen im Strafrecht?

Ich glaube, dass wir mit dem neuen Korruptionsstrafrecht nun sehr gut gerüstet sind. Das reicht jetzt einmal. Bei der Kronzeugenregelung muss man vielleicht schauen, wie sie sich bewährt. Da kann ich nicht ausschließen, das man nach Ende einer Beobachtungsphase etwas nachbessern muss.

Dass manche Dinge jetzt aufgeflogen sind, ist aber nicht selbstverständlich. In der Causa Birnbacher hatte die Staatsanwaltschaft Klagenfurt bereits die Anzeige zurückgelegt. Schämen Sie sich als Ministerin für die Staatsanwaltschaft, weil sie diese Causa ursprünglich nicht verfolgen wollte?

Nein. Das war auch vor meiner Zeit. Aber wenn man jetzt rückblickend sagt, es hat eine Fehleinschätzung gegeben, dann muss man auch sagen, es hat ein justizinternes Korrektiv gegeben: die Korruptionsstaatsanwaltschaft, die aufgrund neuer Informationen neue Ermittlungen angeregt hat. Und diese neuen Ermittlungen hat die gescholtene Staatsanwaltschaft Klagenfurt gut geführt, sie haben schließlich zur Anklage geführt.

Trotzdem: Wie kann man sicherstellen, dass solche Fälle nicht vom Staatsanwalt zurückgelegt werden?

Bei Verfahren von Personen, die im öffentlichen Interesse stehen, gibt es ja die sogenannte Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft an die Oberstaatsanwaltschaft und ans Ministerium. Ich sehe es schon als sehr wichtig an, dass diese Kontrolle ernst genommen wird, sowohl von der Oberstaatsanwaltschaft als auch vom Ministerium. Es muss genau hingeschaut werden.

Staatsanwälte, so meint Ihr Parteifreund Andreas Khol, bedürften auch einer Kontrolle durch das Parlament. Wie sehen denn Sie diesen Vorschlag?

Ich bin dagegen, das ist auch nicht notwendig. Es gibt ja bereits eine Kontrolle. Ich als Ministerin bin die Weisungsspitze und ich unterliege der parlamentarischen Kontrolle.

Ein anderer Parteifreund, der Steirer Christopher Drexler, hat im Zusammenhang mit Kärnten von einer „elenden Bagage“ gesprochen. Teilen Sie diese Einschätzung?

Ich kann die Aussage aus einer Emotionalität heraus sehr gut verstehen, auch wenn das nicht meine Wortwahl wäre.

Wie würden dann Sie die Zustände in Kärnten bezeichnen?

Es ist ein Wahnsinn, was dort passiert. Man muss bedenken, was das für den Ruf der Politik bedeutet. Auch alle ehrenamtlichen, anständigen Funktionäre werden jetzt in denselben Topf geworfen und müssen sich für das Verhalten anderer, die die Grenzen nicht kennen, rechtfertigen. Das haben sich die ehrlichen Politiker nicht verdient.

Ist es für das Image hilfreich, wenn die Parteienförderung derart erhöht wird?

Das wird immer so negativ dargestellt. Aber gute politische Arbeit darf auch etwas kosten.

Aber muss es gleich die zweithöchste Parteienförderung weltweit sein?

Ich halte die Parteienförderung, wie wir sie in Österreich haben, nicht für überzogen. Wichtig war es, ein gutes, transparentes System zu schaffen.

 

Im Herbst wollen Sie das Familienrechtspaket vorstellen, gibt es da schon eine Einigung?

Die Verhandlungen laufen gut. Wir sind zuversichtlich, hier eine Lösung zu schaffen.

 

Zuversichtlich – das ist man beim Familienrechtspaket aber schon seit vielen Jahren.

Wir liegen jetzt nicht mehr so weit auseinander. Das Ergebnis werden wir aber erst präsentieren, wenn die Verhandlungen fertig sind.

Im Urheberrecht planen Sie auch eine Novelle, wie soll diese aussehen?

Mir geht es darum, den Wert des geistigen Eigentums stärker bewusst zu machen. Durch das Internet ergeben sich hier neue Herausforderungen. Ich prüfe gerade, ob man das Urheberrecht ändern muss, um es angesichts der neuen Herausforderungen zu schützen.

 

Sie versuchen jetzt mit Sachthemen zu punkten. Anfang des Jahres sind Sie zwei Mal (Diversion bei Korruption, Eingriff in den Geheimnisschutz von Journalisten) in Turbulenzen geraten. Wie beurteilen Sie Ihre eigene Performance?

Es ist vieles gelungen, etwa die Änderungen im Korruptionsstrafrecht. Natürlich gab es zu Beginn des Jahres weniger erfreuliche Zeiten. Das waren harte, schwierige Zeiten. Ich hoffe, das mir so etwas nicht noch einmal passiert.

 

Haben Sie Schutzmechanismen im Ministerium geschaffen? Werden etwa Entwürfe jetzt genauer angesehen, bevor sie veröffentlicht werden?

Wir schauen immer alles genau an. Aber mit den Reaktionen Anfang des Jahres hatten wir wirklich nicht gerechnet. Die sind von uns ganz falsch eingeschätzt worden.

 

Eine andere Frage, die sich bei einer steirischen Politikerin stellt: Hat Sie Frank Stronach schon angerufen?

Er hat mich nicht gefragt.

 

Und, sind Sie traurig darüber?

Nein, ich fühle mich in der ÖVP sehr wohl.

 

Weiß Stronach, worauf er sich einlässt?

Politik ist nicht einfach. Und wenn man von außen kommt, stellt man sich das wahrscheinlich wirklich zu einfach vor. Manche Leute glauben, wenn ich als Ministerin eine Idee habe, kann ich sie morgen umsetzen. Aber in der Politik gibt es bestimmte Abläufe und viele Interessen, die es zu berücksichtigen gilt. Und das muss man selbst erlebt haben, um es zu verstehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2012)


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