Causa Hypo: Oberster Gerichtshof kritisiert Kärntner Justiz

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Wegen Mängeln am Landesgericht Klagenfurt muss ein Verfahren gegen Ex-Hypo-Chef Kulterer neu aufgerollt werden. Es ist nicht das erste Mal, dass Wiener Organe Entscheidungen der Kärntner Justiz aufheben.

Wien. Nicht einmal zwei Stunden dauerte die Verhandlung im altehrwürdigen Saal B des Wiener Justizpalastes. Kurz vor 13 Uhr verkündeten die Höchstrichter, dass sie die Freisprüche von Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer und zwei weiteren ehemaligen Bankmanagern wegen der Kreditvergabe an die pleitegegangene Fluggesellschaft Styrian Spirits aufheben. Auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs muss das Verfahren wegen gravierender Mängel in Klagenfurt neu verhandelt werden.

Es ist nicht das erste Mal, dass Organe in Wien gegen Entscheidungen der Kärntner Justiz vorgehen. So ist es der Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien zu verdanken, dass die Causa Birnbacher aufgedeckt wurde. Denn die Kärntner Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen Birnbacher und Kärntens Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz längst eingestellt. Erst die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft sorgte dafür, dass die Causa neu aufgerollt wurde.

Es geht um das „System Kärnten“

Und jetzt muss sich das Landesgericht Klagenfurt auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs noch einmal mit dem Hypo-Kredit an die Fluglinie Styrian Spirit beschäftigen. Zwar geht es hier nur um einen Schaden von zwei Millionen Euro, doch de facto steht das „System Kärnten“ am Pranger. Kulterer wird vorgeworfen, das Darlehen auf Zuruf des inzwischen verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider gewährt zu haben. Der Exbanker bestreitet dies. Für ihn und die anderen Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Als die Hypo Ende 2009 mit der Verstaatlichung vor der Pleite gerettet werden musste, setzte die Wiener Regierung die Ermittlertruppe „CSI Hypo“ ein. Diese sollte jeden Beleg in der Bank dreimal umdrehen. Nach langen Recherchen fand man zwei umstrittene Kreditfälle aus dem Jahr 2005: Darlehen an die Fluglinie Styrian Spirit und den Detektiv Dietmar Guggenbichler. In der Anklageschrift wurde den Exbankern Untreue vorgeworfen. Sie sollen die Kredite ohne ausreichende Sicherheiten vergeben haben. Ende März 2011 endete das Verfahren vor dem Kärntner Landesgericht mit Freisprüchen.

Der Oberste Gerichtshof sieht im Styrian-Spirit-Verfahren Ungereimtheiten. So habe sich das Erstgericht in Kärnten über die Aussagen von Zeugen hinweggesetzt. Diese hatten ausgesagt, dass „die Ansprechperson“ für den Kredit der damalige Hypo-Aufsichtsratspräsident Kulterer gewesen sei. Kulterer hatte dagegen behauptet, er könne als Aufsichtsrat nicht für den Kredit verantwortlich sein. Weiters kritisiert der Oberste Gerichtshof, dass in Kärnten das Gerichtsgutachten nicht angemessen berücksichtigt wurde.

Der vom Gericht beauftragte und mittlerweile verstorbene Gutachter Karl Bruckner kam zum Schluss, dass sich Styrian Spirit „seit der Gründung in einer äußerst kritischen finanziellen Situation befunden“ habe. Eine Kreditvergabe ohne Zuführung weiterer Eigenmittel sei laut Bruckner daher nicht vertretbar gewesen.

Auch die Behauptung der Angeklagten, man habe sich beim Kredit auf die Zusage von Haider über eine Landeshaftung verlassen, lässt der Oberste Gerichtshof nicht gelten. Denn es sei möglich, dass Politiker bereits am nächsten Tag nach der Zusage abgewählt werden können. Dass solche Zusagen von Haider in Kärnten öfter vorgekommen seien, ist für die Höchstrichter ebenfalls kein Argument. Denn es sei ein Unterschied, ob eine Bank auf Zuruf eines Politikers einen 10.000-Euro-Kredit an ein mittelständisches Unternehmen oder wie im konkreten Fall einen Zwei-Millionen-Euro-Kredit an „eine illiquide Firma“ vergebe, erklärte Höchstrichter Franz Zehetner.

Kritik an Staatsanwaltschaft

Rechtskräftig sind allerdings die Freisprüche beim 150.000-Euro-Kredit an den Detektiv Dietmar Guggenbichler. Doch auch hier gibt es vom Obersten Gerichtshof einen Rüffel. Denn in dem Verfahren liege ebenfalls ein Widerspruch vor. Doch anders als in der Causa Styrian Spirit habe die Staatsanwaltschaft Klagenfurt beim Guggenbichler-Darlehen „keine Begründungsmängel des Urteils aufgezeigt“, kritisieren die Höchstrichter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2012)

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