Analyse: Strache weit vom Kanzleramt entfernt

APA/ANDREAS PESSENLEHNER
  • Drucken

Die Korruptionsvorwürfe in Kärnten und Frank Stronach bescheren der FPÖ deutliche Stimmenverluste in den Umfragen. Vom Kanzleramt ist Parteiobmann Heinz-Christian Strache aber nicht nur deshalb weit entfernt.

Wien. Eine Partei ein Jahr vor dem geplanten Wahltermin abzuschreiben, verbietet die Vernunft. Vor allem, wenn es sich um die FPÖ handelt. Allerdings: Die vergangenen Monate haben den Freiheitlichen eine Umfragendelle zugefügt. Trotz der Eurokrise, die ihr gelegen kommt, ist die FPÖ in der Wählergunst abgerutscht: weit hinter die SPÖ, mit der sie zwischenzeitlich schon gleichgezogen hatte, und teilweise sogar hinter eine schwächelnde ÖVP.

Die Gründe liegen auf der Hand. Durch die Affären rund um verdeckte Parteienfinanzierung in Kärnten – von „Part of the Game“ bis Birnbacher – ist nicht nur eine Reihe von FPK-Politikern in Misskredit geraten. Der Vertrauensverlust wirkt bis in die Parteizentrale nach Wien: Als selbst ernannte Sauberkeitspartei ist die FPÖ dieser Tage wenig glaubwürdig. Und dann wäre da noch Frank Stronach. Der bald 80-jährige Magna-Gründer, der im September eine neue Partei vorstellen will, besetzt ähnliche Themen wie die FPÖ und hat es auch auf die Protestwähler abgesehen. Kaum ein Politologe bezweifelt derzeit, dass es Stronach dank Bekanntheit und nötigen Kleingelds in den Nationalrat schaffen – und dabei vor allem der FPÖ und dem BZÖ schaden wird.

Von einer Regierungsbeteiligung ist Parteichef und Möchtegern-Kanzler Heinz-Christian Strache aber nicht nur deshalb weit entfernt. Denn derzeit will keine Partei mit der FPÖ regieren. Die Option Schwarz-Blau (oder umgekehrt) hat sich die FPÖ – sprich: Parteistratege und Generalsekretär Herbert Kickl – einerseits mit ihrem europafeindlichen Kurs zunichtegemacht. Andererseits nimmt ihr der Vizekanzler den Versuch übel, die Korruptionsvorwürfe in Kärnten ausschließlich der ÖVP umzuhängen.

Darüber hinaus hat es Strache in dieser Legislaturperiode verabsäumt, die FPÖ in die politische Mitte zu führen (was er selbst öfter versprochen hatte). Von extrem rechten Parteikreisen kann oder will er sich nicht emanzipieren. Dazu zählen auch hochrangige Funktionäre, die der Partei regelmäßig Probleme bereiten: Martin Graf zum Beispiel. Als Vorstand einer Privatstiftung soll der Dritte Nationalratspräsident das Vermögen einer alten Frau wenn schon nicht veruntreut, so zumindest schlecht verwaltet haben. Der Rechtsstreit ist im Gang.

Mölzer: Stärkere Konsequenzen für FPK

Kritische Stimmen aus der FPÖ hört man aber auch im Umfragetief nicht. In Straches One-Man-Show ist Widerspruch nach außen selten. Als „Opfer“ der Medien und der politischen Gegner fühlt man sich zum Zusammenhalt genötigt. So gesteht auch EU-Abgeordneter Andreas Mölzer nur indirekt Fehler ein: Die FPK-Kooperation sei zwar auch retrospektiv richtig, aber man hätte schon damals gewusst, dass es dort „unsaubere Sachen“ gebe, sagt Mölzer. Und fordert: „Man hätte von dem einen oder anderen in der FPK stärkere Konsequenzen verlangen sollen.“ Namen nennt er keine. Auch beim Thema Stronach ist Mölzer nicht auf offizieller Parteilinie. Der neue Mitbewerber könne sehr wohl „ein paar Prozent“ kosten.

Als Ziel für 2013 hat Strache einst 33,4 Prozent ausgegeben. Damit hätte die FPÖ eine Sperrminorität, um etwa europarechtliche Beschlüsse zu verhindern. Mölzer bewertet Straches Ziel als ambitioniert: „Aber es gibt ja auch die Selffulfilling Prophecy.“Und ein Jahr bis zur Wahl ist noch lang.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Leitartikel

Und Heinz-Christian Strache garantiert Rot-Schwarz

Der von Kärntner Parteifreunden, Frank Stronach und organisatorischen Schwächen geplagte FPÖ-Chef hat seine Chance vertan, ernst genommen zu werden.
Sonderparteitag am 7. September in Knittelfeld
Innenpolitik

(K)ein Sommer wie damals: Zehn Jahre Knittelfeld

Ein Jahrzehnt nach dem Putsch beim Sonderparteitag in der Steiermark befinden sich die Freiheitlichen wieder auf Talfahrt. Auch diesmal geht der Trend von Kärnten aus. Vergleichbar ist die Lage trotzdem nicht.
Innenpolitik

FPK verhindert Neuwahl in Kärnten

Am Freitag verließen die Freiheitlichen erneut den Saal des Kärntner Landtags. Die Opposition will das in Zukunft verhindern.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.