SuperMarkt: Ist den Griechen noch zu helfen?

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Symbolbild(c) REUTERS (GRIGORIS SIAMIDIS)
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Der griechische Premier Antonio Samaras tourt durch Europa, um Geld für sein Land aufzutreiben. Dabei käme es auch ohne fremde Hilfe aus.

Antonio Samaras ist ein Mann, der seinen Humor offensichtlich noch nicht verloren hat. So hat der griechische Premierminister gegenüber deutschen Medien die Rückzahlung aller erhaltenen Hilfskredite versprochen. „Das garantiere ich persönlich!“, vertraute Samaras den Aufnahmegeräten deutscher Journalisten an. Na dann kann ja eigentlich nicht mehr viel schiefgehen!

Unglücklicherweise muss man heutzutage kein staatlich geprüfter Hochrechner mehr sein, um zu sehen, dass kein einziger griechischer Euro-Cent jemals wieder in den Brieftaschen der Geberstaaten landen wird. Die gesetzten Finanzspritzen blieben völlig wirkungslos, die nach Griechenland geschickten Hilfsgelder sind ganz einfach „futsch“.

Erst im heurigen Frühjahr haben private Gläubiger den Griechen 100 Milliarden Euro an Schulden erlassen – mit dem Effekt, dass die Verbindlichkeiten des Landes bald wieder dort sein werden, wo sie vorher waren. Was nicht gerade darauf schließen lässt, dass Griechenland demnächst mit der Rückzahlung von Hilfsgeldern beginnen wird. Eher darauf, dass nach den privaten Gläubigern auch die staatlichen zum „Haircut“ antreten müssen. Allen voran die Europäische Zentralbank, die jede Menge griechischer Staatsschulden in ihren Büchern hat.

Neue Kommunikationsstrategie. Vorher braucht das Land allerdings wieder dringend Geld, das sich Samaras von den Europartnern erhofft. Noch nicht hinreichend geklärt werden konnte allerdings die Frage, warum die nun zur Versendung bereit gemachten 11,5 Milliarden Euro ein anderes Schicksal ereilen sollte als jene Hilfsgelder, die Athen bereits erhalten hat. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es auf diese Frage keine plausible Antwort gibt. Die führenden Politiker der Geberländer wissen das, weshalb sie ihrer Kommunikation einen neuen Spin verpasst haben.
Heute spricht niemand mehr davon, dass die Finanzhilfen eine einmalige Ausnahme seien oder gar zum Geschäft für die Geldgeber würden. Die neue Devise lautet: Die Griechenlandpakete wären zwar „sauteuer“ (© Maria Fekter), aber immer noch richtig, weil sie günstiger kämen als die Alternative. Ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone würde nämlich die Währungsunion in ihrer Gesamtheit destabilisieren, wie Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker behauptet.

Sollte an dieser Einschätzung etwas dran sein, müsste die Eurozone auf der Stelle aufgelöst werden. Eine Währungsunion, die von den Launen der politischen Führung ihres schwächsten Mitgliedslandes abhängt, hat nämlich keine Zukunft. Eine derartige Gemeinschaft wäre erpressbar bis zum Ende aller Tage. Zum Glück ist davon auszugehen, dass die Eurogruppe stark genug wäre, einen hellenischen Exodus zu verkraften. Weniger wahrscheinlich hingegen ist, dass sich die Währungsunion einen Verbleib Griechenlands dauerhaft leisten kann, politisch wie wirtschaftlich. Das Land ist längst zum unkalkulierbaren Risiko geworden.

Nun ist der Euro aber viel zu wichtig, um sein Schicksal in die Hände des Herrn Samaras zu legen. Weshalb es höchste Zeit wäre, die gescheiterte Scheckbuch-Strategie zu beenden und der Athener Regierung nur mehr Geld zu leihen, das mit griechischem Staatsvermögen besichert wird. Das wäre ein wichtiger Anreiz, von Reformen nicht nur zu reden, sondern sie auch umzusetzen. Denn das aus Europa geschickte Geld lässt die Griechen immer noch glauben, es gäbe eine billige Lösung für ihre Probleme. Die gibt es aber nicht.

Dennoch ist die Lage nicht aussichtslos. Samaras selbst kennt den Ausweg, wenn er meint, Griechenland brauche keine Sparpakete, sondern Investitionen. Wer aber soll in einem Land investieren, dessen Lohnniveau der Produktivität der Wirtschaft davongelaufen ist? Als die Deutsche Telekom 2008 beim griechischen Branchenkollegen OTE eingestiegen war, staunten die Personalverantwortlichen nicht schlecht. Bei der griechischen Tochter wurden in einigen Bereichen deutlich höhere Löhne gezahlt als in Deutschland. In ganz Griechenland sind die Löhne seit dem Eurobeitritt schneller gewachsen als die Produktivität. Das ist kurzfristig nur über weitere Lohnkürzungen zu korrigieren, so unerfreulich das auch ist. Andernfalls wird es kein Wachstum geben, weil die griechische Wirtschaft nicht konkurrenzfähig ist.

Wer soll auch schon in einem Land investieren, in dem weite Teile der Wirtschaft noch immer vor dem Einstieg neuer Anbieter geschützt sind? In einem Land, dessen gut ausgebildete Jugend das Weite sucht, weil sie nach langer Ausbildung nur auf prekäre Arbeitsverträge hoffen darf? Die guten Verträge samt Unkündbarkeit haben sich die älteren Generationen geschnappt und jene, die auf der Lohnliste des Staates stehen. Eine völlige Liberalisierung des Arbeitsmarktes brächte neue Wachstumschancen und das, was in unseren Breiten unter dem Begriff „Generationengerechtigkeit“ läuft.

Privatisierung der Steuerbehörden. Und wer soll schon in einem Staat sein Glück versuchen, der bei seinen eigenen Bürgern kein Vertrauen genießt, wie der großzügige Zugang der Griechen zur Schwarzarbeit zeigt. Mit einem Viertel am jährlichen BIP ist die Schattenwirtschaft der größte Wirtschaftssektor des Landes. Dieses Problem ist wohl nur mehr zu lösen, indem man das Eintreiben von Steuern privatisiert. Der Staat hat sehr überzeugend gezeigt, dieser Aufgabe nicht im Entferntesten gewachsen zu sein.

Es liegt also an den Griechen selbst, für ein investitionsfreundliches Umfeld zu sorgen. Und auch an den Europartnern, die endlich aufhören sollten, die Griechen mit großzügigen Geldgeschenken davon abzuhalten.

franz.schellhorn@ diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2012)

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