Schmied: Einigung bei Uni-Zugang noch vor der Wahl

(c) Clemens Fabry
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Abschied vom roten Dogma des freien Uni-Zugangs: Schmied hält eine Begrenzung der Kapazitäten für nötig. Der Lehrergewerkschaft wirft sie vor, beim neuen Dienstrecht derzeit keinen "Abschlusswillen" zu zeigen.

Es kursieren Gerüchte, dass Sie in Ihrem Amt abgelöst werden. Sitzen wir schon bald einem Unterrichtsminister Josef Ostermayer gegenüber?

Claudia Schmied: Ich fühle mich in meinem Amt sehr wohl und denke nicht an Rücktritt. Ich freue mich vielmehr über die politische Dynamik in Bildungsfragen.

Viele Beobachter sehen statt Dynamik eher koalitionären Stillstand. Könnte die Nationalratswahl vorgezogen werden?

Da halte ich mich mit Einschätzungen zurück. Ich entscheide das nicht.

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle hat im „Presse“-Interview den Wunsch geäußert, dass eine neue Koalition mit der SPÖ von einer Zusage zur Beschränkung des Uni-Zugangs abhängig gemacht wird.

Wir setzen die Reformen professionell um. Alles Weitere ist nach einer Wahl zu betrachten.

Können Sie sich vorstellen, dass man sich bei der Regelung des Uni-Zugangs noch vor den nächsten Wahlen einigt?

Wenn Parameter und Gesamtkonzept passen, ja. Es gibt bereits Gespräche mit SPÖ-Wissenschaftssprecherin Andrea Kuntzl, die im Bereich Massenfächer sehr konstruktiv sind. Eine Studienplatzfinanzierung, wie wir sie anstreben, muss natürlich mit Kapazitätsplanungen verbunden sein. Wir wollen aber keinesfalls eine Reduktion der Studienplätze.

Unter der Bedingung, dass die derzeitigen Platzzahlen nicht sinken, sieht die SPÖ also ein, dass die Kapazitäten begrenzt sind?

Ja, das ist eine Frage der Finanzierung. Es ist wichtig, dass es geordnete Verhältnisse gibt. Dass die Studierenden ihr Studium in einer annehmbaren Zeit abschließen können.

Aus Ihrer Partei kam zuletzt auch der Vorschlag einer Akademikersteuer. Wären Sie denn bereit, eine solche zu bezahlen?

Ich halte von derartigen Ideen nichts. Wir sind für höhere Bildung. Diese im Nachhinein zu besteuern, hat für mich keine Logik.

Muss aus Ihrer Sicht die gemeinsame Schule eine Bedingung für eine neue Koalition mit der ÖVP sein?

Bedingungen formulieren wir, wenn es so weit ist.

Derzeit wird über das neue Lehrerdienstrecht verhandelt. Traut sich die ÖVP stark genug gegen ihre eigene Gewerkschaft aufzutreten?

Das ist der entscheidende Punkt. Wir werden dann Erfolg haben, wenn wir das als gemeinsames Projekt sehen, wenn es auch die ÖVP haben will. Das erwarte ich mir von Vizekanzler Spindelegger, von Finanzministerin Fekter und auch von Gewerkschaftschef Neugebauer. Da braucht es ein inneres Ja.

Wenn Sie sagen, dass sich das neue Lehrerdienstrecht noch in dieser Legislaturperiode ausgehen soll: Ist das Zweckoptimismus? Oder glauben Sie wirklich daran?

Das ist keine Glaubensfrage, sondern eine Frage der Entschlussfreudigkeit. Frühjahr 2013 ist jedenfalls der letztmögliche Termin für eine Einigung. Denn es braucht für die Umsetzung auch parlamentarische Prozesse. Ich kann nur daran arbeiten, dass es ein Regierungsprojekt erster Güte bleibt.

Sehen Sie die Gefahr, dass die Gewerkschaft eine Entscheidung bis nach der Nationalratswahl hinauszögern will?

Ich sage es so: Ich orte derzeit noch keinen Abschlusswillen.

Wann kommt der Punkt, an dem Sie sagen: Der Dienstgeber sind immer noch wir, wir setzen das jetzt einfach um.

Ich war ja schon einmal sehr klar (lacht), das war im Jahr 2009. (Gemeint ist die damalige Forderung von Claudia Schmied nach zwei Stunden Mehrarbeit der Lehrer, Anm.) Der Dienstgeber bin nicht ich allein. Der Dienstgeber ist die Regierung.

Die Gewerkschaft fordert jetzt eine neue Arbeitszeitstudie als Basis für die Verhandlungen. Eine Verzögerungstaktik?

Es ist jedenfalls interessant, dass das Thema jetzt kommt. Der Gewerkschaft steht es natürlich frei, etwas zu erheben. Von der Regierungsseite gibt es keinen Bedarf.

Ein anderes Thema: Der Schulbeginn steht bevor, haben wir genügend Lehrer?

Ich kann nicht ausschließen, dass es in einzelnen Bereichen kurzfristig zu Problemen kommen wird. Es wird sich aber in einer Größenordnung von einigen hundert Lehrern bewegen, das ist angesichts von insgesamt mehr als 110.000 keine Dimension, bei der man sich Sorgen machen muss.

Gibt es im Ministerium einen Notfallplan? Den Einsatz pensionierter Lehrer zum Beispiel, wie das schon öfter Thema war?

Das kann es im Einzelfall geben, wir haben auch ein Programm für Quereinsteiger, Sonderverträge, Flexibilität beim Lehrereinsatz. Und auch über Mehrdienstleistungen lässt sich etwas machen.

Unser Gespräch findet beim Europäischen Forum Alpbach in Tirol statt. Haben Sie der Pädagogischen Hochschule Tirol, die sich ja gegen die Abberufung von Rektor Elmar Märk wehrt, einen Besuch abgestattet?

In Innsbruck habe ich als Kulturministerin den Gesangswettbewerb für Alte Musik besucht. Was die PH betrifft: Es wird zeitgerecht eine Entscheidung für einen anderen Kandidaten geben. Das Verfahren ist aber noch nicht abgeschlossen.

Haben Sie damit gerechnet, dass die Causa Märk – Sie haben ihn aufgrund von Meinungsverschiedenheiten abberufen – für so große Aufregung sorgt?

Dass Personalentscheidungen in der Öffentlichkeit kommentiert werden, ist mir bewusst. Mir wäre jeder andere Weg selbstverständlich lieber. Es ist mir aber wichtig, zu den Führungspersonen an den PH ein entsprechendes Vertrauensverhältnis zu haben.

Ein PH-Rektor sollte also auch Ihre politischen Reformpläne unterstützen?

Vertrauen ist wichtig, genauso wie die Ressortlinien. Die neue PädagogInnenbildung wird von Regierung und Parlament entschieden. Die Personalentscheidungen an den PH sind meine Verantwortung. Die nehme ich sehr ernst.

steckbrief

1959
wird Claudia Schmied in Wien geboren. Ihr Vater ist engagierter Sozialdemokrat.

1983
schließt Schmied ihr Studium der Wirtschaftswissenschaften mit der Promotion ab.

2004
wird Schmied Vorstandsmitglied der Kommunalkredit, die vier Jahre später notverstaatlicht wird.

2007
holt Kanzler Alfred Gusenbauer Schmied als Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur in sein Kabinett. Werner Faymann übernimmt sie 2008 in seine Regierung.
Clemens Fabry

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2012)

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