Unilever: Konsumriese sieht Armut in Europa

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In den von der Rezession geplagten Ländern Südeuropas ist die Kaufkraft stark geschrumpft. Der Unilever-Konzern will darauf mit Minipackungen reagieren. Die Österreicher sparen indes nicht beim Konsum.

Wien/JUK/JPS. Wer kauft Waschmittel, das gerade einmal für fünf Wäschen reicht? Eine Packung Shampoo, die nach dem ersten Mal Haare waschen aufgebraucht ist? Die Spanier, sagt der Chef des Konsumgüterriesen Unilever, Jan Zijderveld. „Die Armut kehrt nach Europa zurück. Wenn ein Spanier 17 Euro pro Einkauf ausgibt, dann kann ich ihm kein Waschmittel für die Hälfte seines Budgets verkaufen“, so Zijderveld in der „Financial Times Deutschland“.

Und so will der Konzern, der Markenartikel wie Cif, Coral, Dove oder Maggi herstellt, in den von der Rezession geplagten Ländern Südeuropas künftig dieselbe Strategie wie in asiatischen Schwellenländern fahren: Er schrumpft Packungsgrößen auf x-small. So sollen sich auch jene Menschen, die aufgrund der Krise den Gürtel enger schnallen müssen, weiterhin Markenprodukte leisten können.

Kaufkraft seit jeher niedriger

Ganz neu sei dieses Konzept jedoch nicht, sagt Handelsexperte Andreas Kreutzer vom Berater Kreutzer Fischer & Partner. Denn in Griechenland oder Spanien habe es schon vor der Schuldenkrise Lebensmittel in kleineren Packungen gegeben, da die Kaufkraft dort seit jeher niedriger sei als in Österreich und Deutschland. „In Österreich bekommen sie etwa Kaffee gar nicht in der im Süden üblichen 125-Gramm-Packung.“

Heimische Branchenvertreter vermuten hinter der Verkleinerung der Packungen auch einen anderen Beweggrund: „Mein Rat an die Konsumenten: Man sollte jene Lieferanten eher meiden, die den Packungsinhalt verringern, ohne den Preis zu reduzieren“, sagt WU-Handelsexperte Peter Schnedlitz.

Denn kleinere Artikel sind für den Konsumenten nur dann billiger, wenn der Preis pro Liter oder Kilo niedriger ist. Meist ist dies jedoch umgekehrt. „Kleinere Packungen bedeuten für die Industrie nicht selten Zuwächse bei den Margen“, sagt Kreutzer. Es sei jedoch ohnehin unwahrscheinlich, dass die Minipackungen auch in heimischen Supermarktregalen großflächig Einzug halten. Denn auch wenn hierzulande darüber gestritten wird, ob die Kaufkraft gestiegen oder gesunken ist – je nachdem, mit welcher Inflationsrate gerechnet wird: „Die Österreicher sparen nicht“, sagt Kreutzer.

Das zeigt auch die Konsum-Erhebung 2009/2010 der Statistik Austria. Die Ausgaben eines durchschnittlichen Haushalts für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke sind mit 352 Euro beziehungsweise zwölf Prozent der gesamten Haushaltsausgaben annähernd stabil geblieben. In der Erhebung 2004/2005 belief sich der Anteil auf 13 Prozent. Auch die Ausgaben für Waren für den Haushalt und Körperpflege sind mit 1,1 Prozent beziehungsweise 2,6 Prozent konstant geblieben.

Keine Umsatzverluste im Handel

„Wenn es einen Kaufkraftverlust gab, hat er uns nicht betroffen“, sagt etwa DM-Österreich-Chef Martin Engelmann (siehe Interview unten). So sieht Berater Kreutzer in Österreich auch keine Notwendigkeit für Industrie und Händler, Krisenstrategien wie für Spanien zu entwerfen.

Stark zugelegt haben hierzulande zuletzt jedoch die Eigenmarken der Handelskonzerne. Rewe (Billa, Merkur, Adeg, Penny)  hat mittlerweile einen Eigenmarkenanteil von 20 Prozent, Spar sogar 35 Prozent. Die Rewe-Billigmarke Clever hält bei 340 Artikel, das Spar-Pendant S-Budget bei 370 Produkten. Tendenz steigend.

Die Eigenmarken seien jedoch nicht entwickelt worden, um einem gestiegenen Kundenbedürfnis nach billigen Produkten Rechnung zu tragen, sagt Kreutzer. Sondern um sich besser vom harten Wettbewerb abzugrenzen. „Der Anteil der Produkte im Preiseinstiegssegment, den die Österreicher kaufen, ist nicht signifikant gestiegen.“ Es seien nur billige Industrieartikel durch billige und stark beworbene Eigenmarken des Handels ersetzt worden.

Auf einen Blick

Der Konsumgüterkonzern Unilever sieht die Armut in Europa einkehren. In Spanien will Konzernchef Jan Zijderveld kleineren Geldbörsen mit geschrumpften Packungsgrößen, etwa Waschpulver für fünf Maschinen, Rechnung tragen. Für Österreich dürften derartige Pläne nicht gelten, glauben Handelsexperten. Der Konsum hält sich stabil. Billige Handelsmarken gewinnen zwar an Bedeutung, sind jedoch kein Indiz, dass die Österreicher weniger Geld für Alltagsgüter ausgeben.

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