Pensionsbescheid: Vorwürfe gegen die Wiener Polizei

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Archivbild - Bundespolizeidirektion Wien(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Einer der Folter-Polizisten von Bakary J. ging mit 43 in Pension. Den Pensionsbescheid soll seine angebliche Geliebte unterschrieben haben.

Im Fall Bakary J. gibt es nach einem Vorab-Bericht des am Mittwoch erscheinenden Wiener Stadtmagazins "Falter" neue schwere Vorwürfe gegen die Spitzen der Wiener Polizei. So soll eine Beamtin den Frühpensionsbescheid für einen der verurteilten Polizisten (43) unterfertigt haben, obwohl sie mit diesem eine Beziehung gehabt haben soll, was ein Befangenheitsgrund gewesen wäre. Dabei soll sie ein Gutachten der Versicherungsanstalt (BVA) öffentlich Bediensteter übergangen haben, in dem die Verwendung des Beamten im Innendienst empfohlen wurde. Aufklärungswürdig erscheint in diesem Fall die Rolle von Polizeipräsident Gerhard Pürstl, denn laut "Falter" erstellte die Beschuldigte den Bescheid "im Auftrag" des Polizeipräsidenten. Die Wiener Polizei gab zunächst keine Stellungnahme ab.

"Die Frühpensionierung und ihre Umstände werden überprüft", sagte dazu am Dienstag der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck. Das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) wurde eingeschaltet. Bei der Staatsanwaltschaft Wien ist bereits ein Verfahren anhängig, wie ihr Sprecher Thomas Vecsey bestätigte. Als Beschuldigte werden dabei der frühpensionierte Polizist und die Bescheiderstellerin geführt, die Verdachtsmomente lauten laut "Falter" auf schweren Pensionsbetrug und Amtsmissbrauch.

Liebesbeziehung?

Die beiden jetzt Beschuldigten haben bisher zurückgewiesen, ein intimes Verhältnis miteinander zu haben. Dem "Falter" liegen nach eigenen Angaben aber Mails der beiden vor, die das Gegenteil belegen würden. Den Verdacht auf Pensionsbetrug legt dem Bericht zufolge nicht nur das offenbar übergangene Gutachten der BVA nahe. Die Beamtin hätte über den wahren Gesundheitszustand des Polizisten Bescheid wissen müssen. Pürstl hat laut dem Wochenmagazin die Pensionierung bewilligt.

Dass der Frühpensionierung ein Erlass des Innenministeriums zugrunde liegt, wie laut "Falter" von einem Sprecher der Wiener Polizei erklärt wurde, dementierte Grundböck. Es gebe aber für die Pensionsbescheide eine Vorlagepflicht gegenüber dem Ministerium, das den Akt auf Vollständigkeit und Schlüssigkeit prüfe. Die inhaltliche Verantwortung liege bei der Wiener Polizei, die auch die Diskrepanz zwischen BVA-Gutachten und Beschluss hätte erkennen müssen.

Innenministerium vs. Wiener Polizei

Anders sieht die Lage der Sprecher der Wiener Polizei, Johann Golob. Er reagierte scharf auf die erhobenen Vorwürfe. Die Polizeiführung habe seit Bekanntwerden des Falls gesagt, "dass das untragbar ist und wir solche Beamte nicht brauchen". Die Beamtin hätte aber keine Entscheidungen über den Pensionsantritt eines Kollegen treffen können, meinte Golob: "Ihre Rolle ist nicht eine gestaltende, sondern sie hat über Aufträge gehandelt."
Das Gutachten der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten (BVA) habe zwar empfohlen, den Beamten im Innendienst einzusetzen, es sei aber kein Posten frei gewesen. "Dann ist die Entscheidung gefallen, das Ruhestandsverfahren einzuleiten", sagte Golob. Auf Nachfrage betonte er, dass das Innenministerium diese Entscheidung getroffen habe.

Vier Polizisten beteiligt

Die Vorgeschichte: Im April 2006 fuhren drei Polizisten den aus Gambia stammenden Schubhäftling Bakary J. in eine Lagerhalle, nachdem er sich gegen seine Abschiebung aus Österreich gewehrt hatte, und folterten ihn dort. Ein vierter Polizist öffnete ihnen die Tür und verscheuchte einen Zeugen. Alle vier wurden zu bedingten Haftstrafen verurteilt, nur der vierte nach Zahlung einer Geldstrafe letztlich im Polizeidienst belassen.

Dieser vierte Polizist sorgt ebenso für Aufsehen. Denn nicht nur der zukünftige Landespolizeipräsident steht in der Kritik, auch einer der beiden designierten Landesvizepolizeipräsidenten: Karl Mahrer befürwortete heuer die Bewerbung des vierten im Fall Bakary J. verurteilten Beamten für einen sogenannten Dienstführenden-Kurs, der ihm den Aufstieg in die mittlere Führungsebene ermöglicht hätte. Laut Grundböck hielt das Innenministerium die persönliche Eignung des Beamten aufgrund seiner straf- und disziplinarrechtlichen Verurteilung nicht für gegeben. Hier habe es einen "Auffassungsunterschied" mit Landespolizeikommandant Mahrer gegeben. Das Auswahlverfahren für die geeigneten Personen für Führungskurse obliege letztlich aber dem Ministerium.

"Als Leistungsträger profiliert"

Unter Berufung auf einen entsprechenden Mailverkehr berichtete der "Falter", dass sich Mahrer sehr für den betreffenden Polizisten verwendete. Der Genannte habe sich "als Leistungsträger profiliert". Außerdem sei der Fall schon lange her und die Bewährungsstrafe fast getilgt.

Der Wiener Polizei-sprecher Golob bezeichnet diese Causa als eine prinzipielle Frage, "ob man einen Beamten Jahre nach dem Fall in aller Hinkunft von einem Führungskräftekurs ausschließen soll." Der Betreffende sei verurteilt worden, weil er nicht gegen die eigenen Kollegen eingeschritten sei. Er werde nur mehr im Innendienst verwendet, und es hätte auch bei der Zulassung zum Kurs die Einschränkung gegolten, dass er weiter nur im Innendienst ohne Parteienverkehr tätig sei.

(APA)

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