Firmen bereiten Euro-Austritt Athens vor

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Was passiert, wenn Athen aus dem Euro austritt? US-Firmen arbeiten bereits an Notfallplänen, die unter anderem Bargeldlieferungen per Zug vorsehen, um lokale Angestellte in Griechenland bezahlen zu können.

Athen/New York/AG. Es wird – wieder einmal – eine spannende Woche für Griechenland: Am Mittwoch soll ein 11,5-Milliarden-Euro schweres Sparpaket beschlossen werden, ab Freitag prüfen wieder die Kontrollore von IWF und EZB, und nächste Woche trifft die Troika mit der Athener Regierung zusammen.

Doch den Bemühungen, Griechenland vor dem finanziellen Ruin zu retten, geben US-Firmen wenig Chancen. Sie bereiten sich nämlich bereits auf einen Euro-Austritt des Landes vor, wie die „New York Times“ in ihrer Sonntagsausgabe berichtet hat.

„Wir wappnen uns für das Schlimmste“, erklärt John Gibbons von der Investmentbank JPMorgan Chase in der Zeitung. Die Bank hat für einige US-Firmen Konten eröffnet, die für eine neue griechische Währung reserviert sind. So soll sichergestellt werden, dass Zahlungen in Griechenland weiterhin möglich sind. Ein Mitarbeiter von PricewaterhouseCoopers hat gesagt, manche Firmen planten, Mitarbeiter „mit 50.000 Euro im Zug nach Athen zu schicken“, um lokale Angestellte bezahlen zu können.
Die Notfallpläne gehen davon aus, dass ein Austritt an einem Freitag nach Börsenschluss bekannt gegeben würde. Die Banken blieben geschlossen, Geldabhebungen wären nicht möglich.

Manager glauben an Austritt

„Vor 15 Monaten, als wir uns mit dem Szenario beschäftigten, dachten wir noch, es sei unmöglich“, sagte Heiner Leisten von der Boston Consulting Group. „Jetzt ist es nicht mehr undenkbar.“

Investmentbanken erklären, es gebe „einige Dutzend“ Firmen, die sich auf massive Probleme in der Eurozone vorbereiteten. Namen wollte niemand nennen, unter anderem soll aber der US-Autobauer Ford sein Computersystem so adaptiert haben, dass es mit einer neuen Währung zurechtkommt. Das Kreditkartenunternehmen Mastercard versicherte, man könne das System „binnen einem Tag oder zwei Tagen“ umstellen.

Durchgespielt werden laut Carole Bernd von Merrill Lynch drei Szenarien: der Austritt Griechenlands oder eines einzelnen anderen Landes, der Austritt mehrerer Länder und ein völliger Zusammenbruch der Eurozone.

Manager und die Bevölkerung geben Griechenland jedenfalls wenig Chancen: Die Beratungsfirma Roland Berger befragte im Juni und Juli 600 Vorstände und Geschäftsführer europäischer Firmen. 61 Prozent erwarten demnach, dass Griechenland die Eurozone verlässt.

Und laut „Financial Times“ geht mehr als ein Viertel der Deutschen davon aus, dass Griechenland seine Kredite nie zurückzahlen wird. Nur 25 % sind für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone (die Aussagekraft ist freilich fraglich, weil die Umfrage online durchgeführt wurde und lediglich 1000 Menschen aus fünf verschiedenen Ländern teilnahmen).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2012)


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