"Chancen für Slowenien ohne Hilfe sind praktisch null"

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Für den Fed-Spitzenökonom und gebürtigen Slowenen Zakrajsek habe Ljubljana den "Rubikon bereits überschritten". Die Zahlungsunfähigkeit sei nur mehr eine "Frage von Monaten".

In der US-Notenbank Fed glaubt man nicht mehr daran, dass Slowenien seine Finanzprobleme aus eigener Kraft in den Griff bekommen kann. "Es ist klar, dass wir den Rubikon bereits überschritten haben", sagte der Fed-Spitzenökonom und gebürtige Slowene Egon Zakrajsek. Wegen der hohen Anleihezinsen habe Slowenien derzeit nämlich keinen Zutritt zum Finanzmarkt. Daher sei es nur noch "eine Frage von Monaten" bis zur Zahlungsunfähigkeit, sagte der Vizechef der Geldpolitik-Abteilung bei der US-Notenbank.

"Die Chance, dass Slowenien es ohne internationale Hilfe schafft, ist praktisch null", sagte Zakrajsek. Derzeit gehe es nur noch um die Frage, ob Slowenien noch vor dem Hilfsantrag mit den Reformen beginne, sich damit Glaubwürdigkeit bei EU und IWF erarbeite und zumindest das Tempo des Reformprozesses steuern könne oder es sich wie Griechenland dem Spardiktat eines "Insolvenzverwalters" beugen müsse. "Es gibt noch eine Wahl, aber nicht mehr lange."

Fed-Ökonom zeichnet düsteres Bild

Allgemein sieht Zakrajsek die Zukunft der Eurozone eher düster. So bereiteten sich die Finanzmärkte bereits auf einen Euro-Ausstieg Griechenlands vor, weil die bisherigen Rettungspakete keine Lösung gebracht hätten. Die große Frage sei aber, wie man die Schockwellen nach einem Austritt eindämmen könne. "Wenn Griechenland geht, wird es einen enormen Druck auf die anderen schwachen Staaten wie Spanien, Italien, Zypern oder Slowenien geben." Gelinge es nicht, die Ausbreitung der Krise einzudämmen, "wird das auch katastrophale Folgen für die stärkeren Euro-Staaten um Deutschland und Frankreich haben". Slowenien sei dem Konkurrenzdruck in der Eurozone schon jetzt nicht mehr gewachsen, und würde bei einem Zerfall der Währungsunion wohl den südlichen EU-Staaten Gesellschaft leisten, erwartet der Wirtschaftsexperte.

Zur Lage der slowenischen Staatsfinanzen sagte Zakrajsek, dass sich das Land derzeit nur mit kurzfristigen Schatzwechseln über Wasser halte. "Das kann es noch einige Zeit so fortführen, aber die Laufzeiten werden immer kürzer, bis es eines Tages kein Geld mehr bekommt." Anleihen mit längeren Laufzeiten werde Slowenien schon seit längerer Zeit nicht los. "Slowenien befindet sich aus finanzieller Sicht an einem Knackpunkt, es ist nur schwer zu sagen, ob es im Oktober oder November so weit sein wird."

Dollar-Anleihe skeptisch beurteilt

Wenig Erfolgsaussichten gibt Zakrajsek dem Plan des slowenischen Finanzministers Janez Sustersic, durch die Ausgabe einer Dollar-Anleihe im Herbst günstiger an Geld zu kommen. "Ich glaube nicht, dass ein besserer Zinssatz zu erzielen ist (als bei einer Euro-Anleihe)", betonte der Fed-Ökonom. Dazu kommt das Wechselkursrisiko bei einer Dollar-Anleihe. Sustersic hatte am Sonntagabend angekündigt, im Herbst eine zehnjährige Anleihe im Volumen von 1,5 bis zwei Milliarden Dollar (1,194 bis 1,59 Mrd. Euro) ausgeben zu wollen. Laut Ministerpräsident Janez Jansa droht Slowenien die Zahlungsunfähigkeit, sollte diese Emission misslingen. Experten beziffern den Kapitalbedarf Sloweniens mit 3,5 Mrd. Euro bis Ende 2013.

Nicht nachvollziehen kann Zakrajsek die Fixierung der slowenischen Regierung auf den Beschluss der auf EU-Ebene vereinbarten Schuldenbremse im Verfassungsrang. "Selbst wenn wir statt der goldenen eine diamantene Schuldenregel haben, ändert das nichts an der Wirtschaftsentwicklung der vergangenen 20 Jahre, die das Land in den Abgrund geführt hat", betonte der Experte. Slowenien habe in vielerlei Hinsicht ähnliche Probleme wie die anderen Euro-Krisenländer: Eine geplatzte Immobilienblase, eine nicht-konkurrenzfähige Wirtschaft mit hohem Staatsanteil, einen starren Arbeitsmarkt, negative demografische Trends sowie eine polarisierte Politik.

(APA)

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