Ein Investment zum Anschauen

12. WestLicht Photographica Auction
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Kunst, Diamanten und Sammlerraritäten sind in Zeiten niedriger Zinsen nachgefragte Anlagealternativen.

Um 119.922.500 Dollar, exakt 107 Millionen Dollar samt Aufschlag, wechselte Edvard Munchs „Schrei" - genauer gesagt, eine von vier Versionen - bei einer Versteigerung im Auktionshaus Sotheby's in New York Anfang Mai den Besitzer. Es war die höchste Summe, die jemals auf einer Kunstauktion für ein Gemälde bezahlt worden war. Mit 106,5 Millionen Dollar bisheriger Rekordhalter war Picassos „Akt mit grünen Blättern und Büste", der vor zwei Jahren unter den Hammer kam.

In der jüngeren Vergangenheit haben Bilder, Sammlerstücke wie Kameras und Schmuckstücke mit Preisen auf sich aufmerksam gemacht, die ältere Auktionsergebnisse bei Weitem in den Schatten stellen. Zu erwähnen sei etwa Mark Rothkos „Orange, red, yellow", das einem Käufer knapp 87 Mio. Dollar wert war. Oder jene Leica, für die in Wien zuletzt 2,1 Millionen Euro auf den Tisch gelegt wurden. Da muten die 202.800 Euro aus einer Dorotheum-Auktion für eine Diamant-Rubin-Brosche aus der Werkstatt des Juweliers Köchert wie ein Schnäppchen an.

Wer so viel für Kunst, Juwelen oder rare Sammlerstücke ausgibt, der braucht nicht zu überlegen, ob ein Bild oder ein Diamant zur guten Geldanlage zählt. Denn in dieser Spielklasse weiß man das ohnedies - oder es spielt keine Rolle mehr. In Zeiten stark schwankener Aktienkurse und extrem niedriger Sparzinsen suchen Anleger verstärkt nach alternativen Investments. Nach Anlageformen, die abseits klassischer Wertsteigerungen vor allem eines bringen: Freude an der Sache selbst.

Die Liebe zur Kunst, zu schönen Steinen oder zu alten Kameras ist es auch, die ein Investor mitbringen muss. „Wer investieren will und mit Kunst überhaupt nichts am Hut hat, lässt von ihr lieber die Finger", sagt Petra Schäpers vom Auktionshaus Dorotheum. Denn steigt ein Kunstwerk nicht in seinem Wert, bleibt es immer noch ein Objekt, das man gern täglich ansieht.

Keine Garantie. Eine Garantie für Preissteigerungen auf dem Kunstmarkt gibt es nämlich nicht, auch wenn das Interesse an zeitgenössischen Werken seit Jahren genauso steigt wie die Zahl der Sammler, die sich auf dem Markt tummeln. „Man weiß nicht, ob sich ein Kunstwerk in den nächsten Jahren verteuern wird. Der Preis hängt entscheidend vom Ruhm des Künstlers ab, und der wiederum von der Prominenz der Galerie, die ihn vertritt, von der internationalen Vernetzung und von der öffentlichen Wahrnehmung", sagt Hans Otto Ressler vom Auktionshaus Kinsky. Ist eine Galerie wenig bekannt, dann ist die Chance für einen Künstler, zum Shootingstar zu avancieren, geringer. Renommierte Galerien hätten den Vorteil, größere Mittel einsetzen zu können, sagt Schäpers. Schließlich müsse ein Künstler vermarktet werden - und dazu bedarf es des Galeristen.

Schafft ein Künstler den Durchbruch und wird gehypt, „besteht die Gefahr, dass die Preise schnell steigen, aber auch wieder rasch sinken können", sagt Schäpers. Anders sehe die Sache etwa bei Werken des deutschen Künstlers Gerhard Richter aus, dessen Wertentwicklung langsam, dafür stetig vorangeschritten sei. Heute zählt Richter zu den bedeutendsten und teuersten Gegenwartskünstlern.

Klein anfangen. Wer zu wenig Kapital für ein Werk Richters hat, muss kleinere Brötchen backen. Ressler zufolge können generell gute Arbeiten auf Papier schon zu einem Einstiegspreis von 2000 bis 000 Euro gekauft werden. Wer Glück hat, zahlt vielleicht jetzt wenig und hält Jahre später ein Meisterwerk in Händen. Arbeiten des Straßenkünstlers Banksy seien vor Jahren noch kaum etwas wert gewesen, heute erzielen seine Werke bei internationalen Auktionen sechsstellige Preise.

In den letzten Jahren sei Schäpers zufolge vor allem ein Trend hin zu „Zero", einer Künstlergruppe aus Düsseldorf, zu bemerken gewesen. Im Jahr 2010 wurden etwa Werke aus der Sammlung Lenz Schönberg für rund 2 Millionen Pfund versteigert und brachten damit doppelt so viel, wie zuvor erwartet worden war. Ressler indes nimmt einen Trend zu Figuralem wahr, aufgefallen sei ihm, dass besonders kleinere Formate nachgefragt würden, da Kunstkäufer ihre Werke auch gern zur Schau stellen. Bei Großformaten ist das hingegen nur bedingt möglich.

Künstlern, denen Ressler noch deutliche Wertsteigerungen zutraut, tragen Namen wie Rudi Stanzel, Loys Egg, Hannes Mlenek oder Franz Grabmayr.

Generell gilt: „Je etablierter ein Künstler ist, desto sicherer ist die Werthaltigkeit einer Investition in seine Werke."

Das sieht auch Schäpers so: Bei jungen Künstler bestehe kaum Gewissheit, dass diese auf dem Markt überleben. Niemand könne abschätzen, ob jemand seine Berufung in jungen Jahren später einmal zum Beruf machen werde, wie seine Entwicklung verlaufe.

Kauft man Werke unbekannter Künstler, müsse man auf jeden Fall streuen, sagt Ressler, da davon auszugehen ist, „dass der Großteil den Durchbruch nicht schaff t". Für Kunstkäufer ist der Besuch von Messen, Galerien und Ausstellungen sowie das Einarbeiten in die Materie Voraussetzung, um sich ein geschultes Auge anzutrainieren. Wer sich selbst keine Expertise zutraut, dem sei der Gang zu einem Experten empfohlen. Am Ende aber sollte der Geschmack das Urteil fällen. „Wenn mich Kunden fragen, was sie kaufen sollen, dann sage ich immer: Das, was Ihnen gefällt", meint Schäpers. Denn dann ist die Enttäuschung weniger groß, wenn aus dem No Name kein Picasso wird.

Berühmte Namen spielen bei Diamenten kaum eine Rolle - außer man ist auf den Koh-i-Noor oder den Blauen Wittelsbacher aus. Aber die sind ohnedies nicht verkäufl ich. Glitzernde Steine, die die Erde in ihrem Inneren „produziert", sind in Krisenzeiten zusehends auch als Wertanlage gefragt. „Sie sind klein, handlich, wiegen nicht viel und sind daher gut transportierbar - eine ideale Fluchtwährung also", sagt Juwelier Henri J. Sillam. Diamanten, seltener werden ungefasste Rubine, Smaragdeoder Saphiere als Geldanlage gekauft, hätten jedoch noch andere Vorteile: Sie können anonym gekauft und veräußert werden, ihr Besitz muss nicht registriert werden, ihr Wert oszilliert nicht so stark mit Währungen wie der Goldpreis und ihr Wertzuwachs unterliegt keiner Steuer.

„Vor allem sind sie schön und es macht Spaß, eine Wertanlage im Ohr oder am Hals zu tragen und sich darüber zu freuen", sagt Astrid Fialka-Herics, die im Dorotheum die Juwelenabteilung leitet. Dies gelte übrigens schon lange nicht mehr ausschließlich für Frauen.

Wertbeständig. Obwohl auch die Preise für Diamanten in der Wirtschaftskrise ab 2007 gesunken sind, gelten die edlen Steine generell als wertbeständig. Allerdings dürfe man nicht auf schnelle Gewinne aus sein, sagt Sillam und verweist auf einen Zeithorizont von mindestens fünf Jahren. So liege der Preis für einen Diamanten von einem Karat um 34 Prozent über jenem von 2006, bei einem Dreikaräter sogar um 42 Prozent. Über mehrere Jahre nennt Sillam für einen Einkaräter einen Wertzuwachs von rund fünf Prozent, für einen Dreikaräter 13 Prozent und einen Fünfkaräter 16 Prozent pro Jahr.

Wobei der Preis eines Steines mit einem Gewicht von einem Karat (Carat: 0,2 Gramm) enorm schwankt: Denn ein Diamant wird nicht nur nach seinem Gewicht bewertet. Ebenso wichtig sind die drei anderen C: Color (Farbe), Clarity (Reinheit) und Cut (Schliff ). So kann ein Einkaräter derzeit 7300 bis 29.000 Dollar kosten. Aufgrund dieser großen Unterschiede will sich Fialka gar nicht auf Preisangaben einlassen. Eines sei aber bestechend: Diamanten seien eine „Weltwährung", die rund um den Globus ihren Wert habe.

„Es ist auch Geschmackssache, ob ich einen absolut farblosen lupenreinen Stein (Kategorie River/D/fl) mit einem Karat kaufe oder einen Mehrkaräter, der einen kleinen Einschluss hat", meint die Dorotheum-Expertin. Dass die Fassung - so man den Diamanten nicht nur lose im Tresor liegen haben, sondern eben tragen möchte - auch eine Rolle spielt, ist klar. Mit einem Brillant- oder Smaragdschliff ist man da genauso auf der sicheren Seite wie mit einem Schmuckstück eines bekannten Designers oder Juweliers. „Stücke von Tiffany's oder Cartier erzielen bei Auktionen immer gute Preise."

Nur mit Zertifikat. Ein Laie sollte ohnedies nur bei einem renommierten Juwelier kaufen und ein international anerkanntes Zertifikat verlangen. Dieses sollte von HRD oder GIA stammen - oder vom Juwelenlabor des Dorotheums. „Kein seriöser Händler ist pikiert, wenn ein Käufer einen Experten mitbringt und sich umfassend beraten lässt", sagt Sillam. Sein Haus veranstaltet seit Kurzem auch Seminare, in denen Interessierte in das Juwelen- und Diamantengeschäft hineinschnuppern können.

Wer sich über Preise informieren will, kann auch den „Rapaport Diamond Report" lesen, quasi die Bibel für Preisund Marktinformationen. Das Internetportal der 1976 gegründeten Gruppe ist das weltweit größte Diamentenhandelsnetzwerk und listet täglich rund 525.000 Diamanten mit einem Schätzwert von mehr als vier Milliarden Dollar auf. Rapaport handelt nicht selbst auf eigene Rechnung mit Diamenten, sondern mit Informationen über sie. Die Kunden sind Händler und Juweliere wie etwa Sillam.

Kein Schnäppchen. Was tut man aber, wenn einem der so besonders freundliche Händler im Basar ein „einmaliges" Angebot macht? „Hände weg", warnt Fialka vor den berühmten Schnäppchen, die sich im Nachhinein als gar nicht so günstig herausstellen. Außerdem müsse man im Ausland erworbenen Schmuck oder Steine deklarieren und verzollen, sonst könne man sie nur schwer wieder verkaufen. Als Geldanlage eigneten sich solche Souvenirs meist nicht, aber als Erinnerung an einen schönen Urlaub natürlich schon.

Erinnerungen an schöne Urlaube dürften einst auch mit ihr festgehalten worden sein: Sie ist klein und schwarz, recht schmucklos, eigentlich unspektakulär. An den Rändern glänzt das Metall leicht abgegriff en, links vom Objektiv hängt der Objektivdeckel an einer Schnur. Nirgendwo steht der Name der Kamera. Auf der Vorderseite klebt kein roter Punkt, nur rechts, dort, wo der Auslöser ist, verrät ein Schriftzug, woher sie kommt: „Ernst Leitz Wetzlar". Und darüber eine Zahl: „No. 116".

Anfang Mai konnte man die alte Leica noch anschauen, wer gute Kontakte zu Peter Coeln hat, durfte sie sogar angreifen. Mittlerweile liegt sie vermutlich in einem Tresor oder steht in einer Vitrine in einem Haus, ähnlich gut bewacht wie Edvard Munchs „Schrei".

Denn was der norwegische Maler für die Kunstwelt ist, ist diese Leica für die Welt der Fotografie: Sie ist die teuerste Kamera der Welt. 2,1 Millionen Euro bezahlte ein Sammler aus Asien bei einer Auktion am 12. Mai 2012 für das Vorserienmodell der ersten Leica. Ein anderes Modell aus der Vorserie mit der Nummer 107 erzielte vor einem Jahr bereits einen Weltrekord: 1,3 Millionen Euro wurden damals bezahlt. Für einen europäischen Sammler war diese Leica- O-Serie ein ziemlich gutes Investment. Er hatte sie nur fünf Jahre zuvor um lediglich 320.000 Euro gekauft.

Überrascht. „Wir waren vom Preis alle überrascht", berichtet Coeln, der in seiner Karriere schon viele Rekordpreise für Kameras gesehen hat. Der einstige Fotograf betreibt in Wien das Auktionsund Ausstellungshaus „Westlicht", das in den vergangenen Jahren zum weltweit führenden Auktionshaus für antike Kameras wurde. Die fünf teuersten Fotoapparate der Welt wurden in der Wiener Westbahnstraße versteigert, drei davon waren Leicas.

In Zeiten, in denen Sparzinsen gegen null gehen und Aktienkurse unberechenbar sind, entdecken immer mehr Menschen Kameras als Wertanlage. Vor allem bei Leicas sind die Preissteigerungen beträchtlich: „Wir hatten Kameras", berichtet Coeln, „die haben ihren Wert in drei Jahren verdoppelt."

Für jemanden, der beginnt, in Kameras zu investieren, gelte es, ein paar wichtige Punkte zu beachten. Der wichtigste und zugleich banalste, den aber viele nicht bedenken: „Man sollte etwas kaufen, das andere Menschen auch haben wollen." Es nütze wenig, wenn man eine uralte Kamera habe, für die sich niemand interessiere. Oder wenn sich Wertsteigerungen in folgenden Dimensionen bewegen: „Minolta-Kameras kann man derzeit billig um 50 Euro kaufen", erklärt ein Experte des Auktionshauses Dorotheum. „Die gehen vielleicht einmal um 200 Euro weg."

Coeln empfiehlt, in eine Leica zu investieren, die um die 10.000 Euro gehandelt wird und in einem guten Zustand ist. Leica deshalb, weil sie für viele Fotografen der Olymp der Kameras ist und die Firma auch alles tut, um für Sammler interessant zu sein. Es gibt streng limitierte Aufl agen - etwa zu 150 Jahre Fotografie -, es gibt eine spezielle Bruckner-Leica, eine in Krokodilleder und etliche, die vergoldet sind.

„Viele Menschen, die sich für Fotografi e interessieren, träumten als Jugendliche von einer Leica", erklärt Coeln. Und heute, da sie älter und vermögend seien, hätten sie das Geld, um sich den Traum zu erfüllen.

Der Traum ist oft eine M-Leica, eine Sucherkamera, die ab 1954 hergestellt wurde. Coeln nennt konkret eine Leica M3, rein schwarz („die war seltener als die verchromten"). Wichtig sei, dass sie im Originalzustand ist, keine Gebrauchsspuren hat und einwandfrei funktioniere. Solche Kameras würden derzeit zwischen 6000 und 12.000 Euro gehandelt. Bei der Auktion im Mai verdreifachten viele M3-Kameras den Ausrufungspreis, eine M3 (in Schwarz, ein seltener Umbau) wurde um 10.000 Euro angeboten. Der Hammerpreis (inklusive Premium) lag bei 132.000 Euro.

Immer attraktiver, nicht nur für Sammler, sondern auch für aktive Fotografen, sind auch alte Objektive. Mit den heutigen hochaufl ösenden Digitalkameras ist die Qualität der Objektive besonders wichtig - und früher, glauben etliche Fotoaficionados, habe man noch weitaus bessere Kameraobjektive gebaut als heute.

Bei einer Auktion im Vorjahr verzehnfachten die zwei lichtstärksten Objektive der Welt ihren Wert: Ein Carl-Zeiss- Super-Q-Gigantar ging um 60.000 Euro weg (Ausrufungspreis: 6000 Euro), das Carl-Zeiss-Planar kletterte von 9000 auf 90.000 Euro.

Im Koffer. Coeln hat selbst als Sammler begonnen. In den Anfangszeiten fl og er mit einem Koff er voll alter Leicas nach Japan und legte so den Grundstein für sein mittelgroßes Fotoimperium (er ist auch Besitzer des Leica-Shops und betreibt neben dem Auktionshaus zwei Galerien). Ganz freiwillig tat er es nicht, die Motivation lieferte das Finanzamt: Coeln arbeitete als Fotograf und sammelte leidenschaftlich alte Fotoapparate, vornehmlich eben Leicas. Die stiegen derart im Wert, dass ihm sein Steuerberater irgendwann riet, sich von den Kameras zu trennen. Sonst könnte das teuer für ihn werden.

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