Rücktritt bei Anklage? Kanzler bleibt Antwort schuldig

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Faymann kommt UAusschuss wenn(c) APA/BKA/ANDY WENZEL
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Ticker Nachlese: Faymann und ORF-Mann Wolf streiten lange über Inserate. Den U-Ausschuss vergleicht der Kanzler dann mit den "Sommergesprächen": Er komme, wenn er eingeladen werde.

Es war die entscheidende Frage des finalen ORF-Sommergesprächs 2012: Würde SP-Bundeskanzler Werner Faymann im Falle einer Anklage in der Inseraten-Affäre zurücktreten? Faymann blieb eine Antwort schuldig. Begründung: Es handle sich um eine hypothetische Frage. Eine Anklage wäre nämlich "kompletter Unsinn", Inserate schalten sei nicht verboten. Nur so viel: Ein Politiker-Rücktritt wegen einer Anklage ist für den Kanzler nicht zwangsläufig nötig. Man müsse sich das von Fall zu Fall ansehen, erklärte er beim ORF-Livegespräch im Gartenhotel Altmannsdorf.

Der - mitunter etwas reizbar wirkende - Kanzler versuchte Fragen zu der Inseraten-Affäre mehrmals zu parieren, indem er Vergleiche mit dem ORF zog: So zeigte Faymann seinem Gegenüber auch Inserate des ORF, mit dem Hinweis, dass das Kopffoto von Wolf darauf größer sei als sein eigenes in der umstrittenen "Krone"-Anzeigenserie aus seiner Zeit als Infrastrukturminister. Er wäre jedenfalls auch ohne "Krone" Kanzler geworden, gab sich Faymann überzeugt.

Die Inseraten-Affäre soll demnächst auch den U-Ausschuss erreichen -  falls dieser die nächsten Tagen überlebt. Schlüsselfigur Faymann fehlte aber ohnehin auf dem ersten Zeugenlisten-Entwurf von ÖVP und SPÖ. Ob der Kanzler aussagen würde? Faymann hat sich eine – etwas eigenwillige – Antwort zurecht gelegt: Er komme, wenn er "eingeladen" werde - genau wie beim ORF-Sommergespräch.

Studiengebühren lehnt Faymann weiter ab, eine Diskussion darüber, wie von SP-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller angeheizt, dagegen nicht.

Der Kanzler lüftete dann auch das Geheimnis um das siebenjährige "Loch" in seinem Lebenslauf: Er habe den Taxischein gemacht, auf der Uni Einführungsvorlesungen in Jus und Kunstgeschichte besucht und sich in der Sozialistischen Jugend engagiert, so Faymann. In einem Einspielbeitrag grübelte die Deutsch-Lehrerin des jungen Werner Faymann über den Bundeskanzler: Er bleibe für sie "rätselhaft".

--> Ticker-Nachlese:

Schon vor der ersten Frage des ORF-Moderators an den Bundeskanzler und SPÖ-Parteiobmann herrschte dicke Luft: Wolf fühlte sich nämlich von der SPÖ am "Schmäh gehalten", wie er auf Twitter mitteilte. Die Terminvereinbarung mit Faymanns Team soll nämlich alles andere als reibungslos über die Bühne gegangen sein.

Hintergrund: Die bisherigen Sommergespräche mit den Parteichefs von ÖVP, FPÖ, Grünen und BZÖ wurden jeweils vormittags aufgezeichnet und dann abends ausgestrahlt. Der Bundeskanzler ging aber als erster und einziger Parteichef live auf Sendung.

Nach Angaben von Wolf erklärte die SPÖ, dass eine Aufzeichnung am Montag untertags nicht möglich sei. Der Kanzler weilte da noch im Ausland. Eine vorgeschlagene Vorab-Aufzeichnung am Freitag lehnte dem "Getwittere" zufolge der ORF ab, Kompromiss: Liveausstrahlung am Montagabend. Dumm nur, dass der Kanzler gar nicht im Ausland war, weshalb sich Wolf nun eben am "Schmäh gehalten" fühlte: "Monatelang hat SP erklärt, Aufzeichung heute (untertags) ginge nicht".

"So kurzfristig? Ungewöhnlich"

Ein Sprecher Faymanns versuchte via Twitter zu kalmieren: Es hätte Pläne für weitere Auslandstermine Faymanns auf der Rückreise gegeben, die aber kurzfristig geändert worden seien. Die Terminplanung sei bei einem Bundeskanzler eben komplexer als bei anderen Parteichefs. Wolf reichte das nicht: "So kurzfristig, dass man uns das nicht mehr mitteilen und die Aufzeichnung organisieren konnte? Ungewöhnlich."Der Kanzler hätte aber untertags auch ohne Auslandsreise keine Zeit gehabt - Termine im Inland, wie sein Sprecher auf Twitter versichert. Auch das ließ Wolf nicht gelten:  "Seltsam, andere Parteichefs hätten ev. auch tagsüber Termine gehabt. Hatten trotzdem Zeit für die Aufzeichnung." Was den ORF-Mann stört: Eine Live-Ausstrahlung sei "teuer".

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(jst)

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