Greenonetec: „Nur die Sonne schickt keine Rechnung“

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Symbolbild(c) EPA (JENS BUETTNER)
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Robert Kanduth hat die Solarthermie in Österreich aus der Selbstbauszene der Ökofreaks ins Zeitalter der Industrie geholt. Heute baut er das größte Sonnenkraftwerk der Welt in Saudiarabien.

St. Veit. Es war ein Fest ganz nach seinem Geschmack. Oben am Himmel zog der Kunstflieger Hannes Arch seine Loopings über St. Veit an der Glan. Unten am Boden drängte sich Kärntens Prominenz zwischen den Montagehallen der Firma GREENoneTEC. Über tausend Mitarbeiter, Unternehmer, Politiker und Ökofans applaudierten zum Fünfziger jenes Mannes, der die Solarthermie in Österreich zu einem profitablen Geschäft gemacht hat. Das war nicht immer so. Vor zwanzig Jahren wollten sie von Robert Kanduth noch nicht so viel wissen.

Damals war die Solarthermie in Österreich noch fest in den Händen der sogenannten Selbstbauszene. Es waren diese Ökopioniere, die hierzulande die Idee unter das Volk brachten, die Kraft der Sonne dafür zu nutzen, um Wasser zu erwärmen. Der gelernte Schlosser Robert Kanduth war damals gerade auf der Suche nach einer Idee, mit der er sich selbstständig machen konnte – und war auf Anhieb fasziniert. Vielerorts schulten diese Pioniere umweltbewusste Kunden ein, damit sich diese ihre Sonnenkollektoren selbst basteln konnten. Mit schwankendem Erfolg. Löteten die Solarjünger ihre Anlagen gewissenhaft zusammen, waren diese dicht und liefern noch heute Warmwasser. Arbeiteten die Leute schlampig, waren die Module hingegen schnell kaputt. „Es hat funktioniert, aber es war unprofessionell“, erzählt Kanduth. Und genau darin sah der damalige Produktionsleiter bei Philipps seine Chance. Er wollte den Bau der Sonnenkollektoren industrialisieren, bastelte in seiner Freizeit die notwendigen Maschinen und legte los.

Nur verkaufen konnte er seine Kollektoren nicht. Die Szene winkte ab. Schließlich verdiente sie ihr Geld bis dato mit dem Verleih ihrer Werkzeuge an die Heimwerker. Erst als Kanduth begann, komplette Solaranlagen inklusive Montage anzubieten, lief das Geschäft an. Mit seinem Bus tingelte der Kärntner durchs Land und montierte einen Kollektor nach dem anderen, bis er mit der Firma Sonnenkraft einen Partner an Bord holen konnte, der seine Kollektoren unter eigener Marke vertrieb. Als Kanduth Philipps wenige Jahre später verließ, hatte er schon fünf Mitarbeiter. Drei Monate danach war ihm klar: „Ich hätte es viel früher machen sollen.“ Heute ist GREENoneTEC der größte Anbieter von thermischen Sonnenkollektoren in Europa mit einem Marktanteil von 25 Prozent.  Jedes Jahr kann das Unternehmen 1,6 Millionen Quadratmeter an Dachfläche mit Kollektoren zupflastern.

Erfolg in der Anonymität

Der Clou hinter dem rasanten Aufstieg: GREENoneTEC vertreibt keine eigene Marke,  sondern baut als Auftragsfertiger für fast alle Anbieter. Ganz ähnlich wie es Foxconn etwa für Apple oder Samsung tut. Auf Messen präsentierten oft nebeneinander sechs Hersteller stolz ihre Produkte, erinnert sich Kanduth: „Fünf davon haben wir gebaut. Und keiner von denen hat es vom jeweils anderen gewusst.“


Mittlerweile ist es mit der Anonymität aber vorbei. Seit Anfang des Jahres ist GREENoneTEC offiziell Weltrekordhalter. Die Kollektoren aus Kärnten sind das Herzstück der mit Abstand größten solarthermischen Anlage der Welt. 36.000 Quadratmeter an Sonnenkollektoren waren notwendig, um die 40.000 Studentinnen der Frauenuniversität Princess Noura Bint in der saudiarabischen Hauptstadt Riad mit Warmwasser zu versorgen. Um dem harten Wüstenklima zu trotzen, wurden die Solarpaneele komplett neu adaptiert. Bisher mussten sie keinem Sandsturm mit 150 Stundenkilometern standhalten.

Viel Geld verdient das Unternehmen mit dem Prestigeprojekt nicht, die internationale Aufmerksamkeit macht sich aber bezahlt. Bald könnte GREENoneTEC seinen eigenen Rekord brechen. In Chile zeigen Kupferminen großes Interesse. Derzeit erhitzen sie mit teurem Erdöl das Wasser, das für das Auswaschen von Kupfererz notwendig ist. Das Öl müssen sie umständlich in die Atacama-Wüste transportieren. Mithilfe der Solarthermie könnten die Kosten halbiert werden. Bis zu 40 Projekte seien möglich, etliche wären deutlich größer als jenes in Riad.

EU-Verfahren gegen China

Aber nicht in allen Bereichen sind die Aussichten für den Kärntner Firmenchef so rosig. Mit seiner Fotovoltaik-Tochter Kioto hat er die Verwerfungen der vergangenen Jahre voll zu spüren bekommen (siehe unten). Der Preisverfall der Zellen und Module, der Absturz der deutschen Solarbranche, die wachsende Konkurrenz aus Asien. Bei diesem Thema redet sich der hünenhafte Unternehmer leicht in Rage. Die Chinesen würden Preisdumping betreiben und Europa hatte bisher „zu viel Angst“, um sich mit Schutzzöllen zu wehren. Bisher. Denn spät, aber doch hat die EU-Wettbewerbsbehörde ein Anti-Dumping-Verfahren gegen China eingeleitet.

Dass Deutschland mit zu hohen Solarförderungen den Markt erst künstlich aufgebläht und so die asiatische Konkurrenz starkgemacht habe, will der bullige Kärntner nicht bestätigen. Kanduth weiß zu gut, dass die Solarbranche noch stark von öffentlichen Mitteln getrieben ist. Auch in der Solarthermie entscheiden staatliche Subventionen vielfach über den Erfolg. „Als Niederösterreich seine Förderung gestrichen hat, brach der Markt um 90 Prozent ein“, erzählt er.

Um nicht ewig von der Gunst der Politiker abhängig zu sein, hat GREENoneTEC eine eigene Produktlinie entworfen, die sich auch ohne Förderungen rechnet. Die billigeren Module verkaufen sich vor allem in Costa Rica und Brasilien gut. Bald, ist Kanduth überzeugt, werde die Solarenergie der fossilen Konkurrenz aber ohnedies auch preislich überlegen sein. Überall gebe es Inflation, die Preise für Erdöl und Gas würden immer weiter steigen. Und eines weiß er mit Sicherheit: „Nur die Sonne schickt keine Rechnung.“

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