Mit Glücksspiel gegen die Krise

Gluecksspiel gegen Krise
Gluecksspiel gegen Krise(c) AP
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Ein amerikanischer Kasino-Mogul möchte vor den Toren Madrids das europäische Pendant zu Las Vegas schaffen. Trotz hunderttausender neuer Jobs trifft er auf harte Kritik.

Madrid. Auf den ersten Blick sieht es für das Krisenland Spanien aus wie ein Geschenk des Himmels: Ein US-Milliardär will in der Nähe von Madrid mindestens 260.000 neue Jobs schaffen und dafür 17Mrd. Euro investieren. Eine gigantische Glücksspiel- und Freizeitstadt soll vor den Toren der spanischen Hauptstadt entstehen. Ein Las Vegas in Europa, das der amerikanische Kasino-Mogul Sheldon Adelson unter dem Namen „Eurovegas“ errichten will.

Insgesamt zwölf riesige und luxuriöse Hotelanlagen mit insgesamt 36.000Zimmern möchte Adelsons Kasino-Konzern Las Vegas Sands bauen. Sechs Spielkasinos mit mehr als 1000Glücksspieltischen und 18.000Spielautomaten sollen die Besucher bei Laune halten. Hinzu kommen eine Veranstaltungshalle für 15.000Menschen, Theatersäle, Kinos, Golfplätze. Eine Vergnügungsstadt, deren Restaurants, Bars, Clubs und Diskotheken zudem 50.000Besucher aufnehmen sollen.

Doch Eurovegas, das nach den hochfliegenden Plänen schon im Jahr 2016 eröffnet werden könnte, weckt auch Zweifel: Der Glücksspielunternehmer Adelson, der bereits in Las Vegas und Asien aktiv ist, pokert hart: Er verhandelt über jede Menge Ausnahmebedingungen. Obwohl die Gespräche geheim sind, berichten Spaniens Medien über pikante Einzelheiten. Demnach geht es um Vorteile bei Steuern und Sozialabgaben in der Glücksspielstadt, ein laxeres Arbeitsrecht, Lockerung der Geldwäschekontrolle und des spanischen Rauchverbots.

Opposition fürchtet schlechten Ruf

Derartige Sonderwünsche kommen nicht gerade gut an bei der spanischen Bevölkerung, welche derzeit den Gürtel immer enger schnallen und sich viele Wünsche verkneifen muss: Angesichts der hohen Staatsschulden mussten die Bürger bereits happige Steuererhöhungen, Kürzungen sozialer Leistungen und Gehaltsverluste hinnehmen. Auch Spaniens lahmende Wirtschaft, die derzeit eine schlimme Krise durchmacht und eine Pleitewelle verkraften muss, fordert Gleichbehandlung.

Aber die Hoffnung auf das große Geld hat anscheinend die Madrider Regionalregierung, welche dem Kasino-Milliardär weit entgegenkommen will, angesteckt und alle Bedenken vom Tisch gefegt. Das geplante Glücksspielparadies sei „eine sehr wichtige Investition in Zeiten der Krise“, erklärte Esperanza Aguirre, die konservative Ministerpräsidentin der Hauptstadtregion, mit „großer Befriedigung“.

Die sozialdemokratische Opposition warnt derweil, dass die Glücksspielgeschäfte einen „schlechten Ruf“ haben, Kriminalität und Prostitution anziehen werden und mit Eurovegas ein „Finanzparadies“, „rechtsfreier Raum“ und „das größte Bordell Europas“ geschaffen werden sollen. Viele Versprechen des auch in den USA umstrittenen Kasino-Investors Adelson seien nichts als „Lügen“, wettert Oppositionschef Tomas Gonzalez.

Barcelona baut eigenen Park

Die Bürgerinitiative „Eurovegas No“ rüstet sich für den Kampf gegen das umstrittene Projekt, weil es nicht nur Korruption und Bausünden die Tür öffne, sondern Spanien in ein Land „der Kellner und Prostituierten“ verwandeln werde. Das krisengeschüttelte Königreich brauche Investitionen in zukunftsträchtige Industrie und Technologie. Die katholische Kirche warnt derweil, dass sich hinter den großen Zockerplänen „die Verkommenheit“ eines Sündenreiches verberge.

Um den Standort für das gigantische Vorhaben hatte sich Madrid einen monatelangen Poker mit dem Rivalen Barcelona geliefert. In der Nacht auf Samstag gab Las Vegas Sands den Zuschlag für Madrid bekannt. Die Regierung der Region Katalonien plant nun ihr eigenes Vorhaben. In Kürze soll dort der groß angelegte Vergnügungspark Barcelona World entstehen. Für 4,7Mrd. Euro sollen auch hier Kasinos, Hotels und Kongresszentren entstehen. Dadurch sollen bis zu 20.000 neue Jobs entstehen.

Auf einen Blick

Bei Madrid will der amerikanische Milliardär Sheldon Adelson eine Glücksspielstadt mit dem Namen „Eurovegas“ errichten. 17 Mrd. Euro sollen investiert werden, dafür verspricht Adelson 260.000 neue Jobs. In der Bevölkerung regt sich jedoch Kritik. Eine Bürgerinitiative warnt vor Korruption und Bausünden. Die Opposition fürchtet derweil Kriminalität und einen schlechten Ruf. Spanien dürfe nicht zu einem Land der „Kellner und Prostituierten“ werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2012)

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