ORF-Standort: Letzte Chance für St. Marx?

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Das Kaufanbot von Morgan Stanley an den ORF platzt in die Sitzungswoche der ORF-Gremien. Manche Beobachter sehen in diesem Angebot ein „Sorglospaket“,

Für einen Zufall wird es niemand halten, dass ausgerechnet am Beginn einer langen Sitzungswoche der ORF-Gremien das Kaufangebot des internationalen Investors Morgan Stanley und des Wiener Projektentwicklers Bondi Consult an den ORF bekannt wurde.

Zuletzt deutete alles daraufhin, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun doch an seiner bisherigen Bleibe in Wien Hietzing festhält. Die Stiftungsräte haben ORF-Chef Alexander Wrabetz sogar so sehr im Griff, dass sie ihn während der Sitzung des Finanzausschusses am Montag dazu gebracht haben, seinen vorbereiteten Antrag „zu konkretisieren“, wie es manche Stiftungsräte ausweichend nennen. Sie wollen aus Höflichkeit nicht sagen, dass Wrabetz sich den Inhalt seines Antrags diktieren ließ. Den alternativen Standort St.Marx hat er nämlich aus dem Papier gestrichen – zum Dank hat der Finanzausschuss den so veränderten Antrag auf den primären Standort Küniglberg (mit Option auf Erhalt des Funkhauses in der Argentinierstraße) mit nur einer Enthaltung, also fast einstimmig, angenommen.

In derselben Sitzung wurden die Stiftungsräte von Wrabetz über das jüngste Angebot informiert: Wie „Wirtschaftsblatt“ und „Kurier“ berichten, bieten Bondi Consult und Morgan Stanley dem ORF 70 Millionen Euro für die drei Liegenschaften Küniglberg, Rosenhügel und Funkhaus; zusätzlich wollen sie die für den ORF reservierte Freifläche in St.Marx kaufen und dort nach den Vorgaben des ORF ein neues Gebäude errichten und dies dem ORF vermieten oder verkaufen.

Sorglospaket oder Ablenkung

Manche Beobachter sehen in diesem Angebot ein „Sorglospaket“, mit dem der ORF von vielen Problemen und dem großen Risiko eines Neubaus befreit würde. Andere sehen darin lediglich ein Ablenkungsmanöver in allerletzter Sekunde. Die Wiener Stadtentwicklungsgesellschaft WSE, der die Liegenschaft in St.Marx gehört, wolle auf diese Weise die Standortentscheidung doch noch zu ihren Gunsten beeinflussen, glauben manche. Zudem liege der Preis von 70 Millionen Euro für drei Liegenschaften jedenfalls unter dem Marktwert. Skeptiker bezweifeln, dass eine solche Transaktion mit einem Investor, der damit jedenfalls Geld verdienen will, günstiger ist als ein Verbleib auf dem bisherigen Standort. Im Finanzausschuss wurde das Angebot am Montag zwar diskutiert, aber – ohne Prüfung der Details – weitgehend als unplausibel abgelehnt. awa

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2012)

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