Ermittlungen, streng geheim: Wer wird Korruptionsoberjäger?

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Symbolbild(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Der Leiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft geht Ende des Jahres in Pension. Hinter den Kulissen bringen sich potenzielle Nachfolger in Stellung. Als heißer Kandidat gilt der Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt.

Ernst Strasser, Ex-Innenminister und Ex-ÖVP-EU-Parlamentarier, ist wegen Bestechlichkeit angeklagt. Gegen die frühere ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat wird wegen Untreueverdachts ermittelt, Stichwort: Grippemasken. Ein ähnliches Los teilt wegen der Buwog-Affäre Ex-FPÖ-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Was diese Personen (außer der Unschuldsvermutung) verbindet: Sie gehören zum Kreis jener Verdächtigen, die im Visier der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) stehen. Doch auch rund um die WKStA selbst wird derzeit „ermittelt“.

Geklärt werden muss, wer der neue Chef der in Wien zentral eingerichteten Stabsstelle zur Korruptionsbekämpfung wird. Walter Geyer (64), der derzeitige Leiter, geht mit Jahresende in Pension. Hinter den Kulissen erreicht das Rennen um die Nachfolge dieser Tage einen ersten Höhepunkt. Die Bewerbungsfrist läuft noch bis 18. September. Wer immer den Job machen will, ist gut beraten, rechtzeitig seine Abwehrkräfte zu stärken: Resistenz gegen politische Angriffe gehört beim Verfolgen (mutmaßlich) korrupter (Ex-)Politiker zur Job Description.

Wer also wird oberster Korruptionsjäger – derzeit sind 18 der 21 Planposten der Behörde besetzt – der Republik? Hinter vorgehaltener Hand fällt oft der Name Georg Krakow. Als durchaus tatkräftiger Kabinettschef von Ex-ÖVP-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner machte dieser ebenso von sich reden wie zuvor als jener Ankläger, der die Verurteilung von Ex-Bawag-Boss Helmut Elsner erwirkt hatte. Krakow selbst, derzeit als Senior Counsel bei der Sozietät Baker & McKenzie im Bereich Compliance tätig, hat schon vor Monaten abgewinkt. Aber es ist ja noch nicht aller Tage Abend.

Als heißer Kandidat gilt jedenfalls auch der frühere Präsident der Staatsanwälte-Vereinigung, der Leiter der Staatsanwaltschaft Eisenstadt, Wolfgang Swoboda. „Ich überlege, mich zu bewerben“, verrät er der „Presse“. Ebenso wird der derzeitige Staatsanwälte-Präsident, zugleich Vizeleiter der Staatsanwaltschaft Wien, Gerhard Jarosch, als Geyers Erbe gehandelt. Mit einer „Nominierung“ der streitbaren Vizeleiterin und Pressesprecherin der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien,  Ilse Maria Vrabl-Sanda, könnte das Justizressort sein Versprechen einlösen, mehr Frauen in Leitungsfunktionen zu bringen. Der Chef von Vrabl-Sanda, OStA-Leiter Werner Pleischl, bleibt angesichts eines möglichen Aufstiegs seiner Stellvertreterin nobel unverbindlich: „Wenn sich eine verdiente Mitarbeiterin bewirbt, würde ich dieser nichts in den Weg legen.“

Wobei die Bestellung an sich heikel ist: Eine vierköpfige Kommission erstattet einen Dreiervorschlag an ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl. Diese ist nicht an die Reihung gebunden und schlägt Bundespräsident Heinz Fischer jene Person vor, die sie favorisiert. Fischer kann die Ernennung vornehmen oder ablehnen. Lehnt er ab, muss ihm ein neuer Vorschlag unterbreitet werden.

Mitsprache des „alten“ Chefs

Die Pikanterie dabei: In der Kommission sitzen Pleischl und als Ankläger mit den meisten Dienstjahren in einer Leitungsfunktion im Sprengel Wien Geyer selbst sowie zwei Personalvertreter. Also könnte etwa im Fall einer Bewerbung von Vrabl-Sanda deren jetziger Chef direkt mitentscheiden. Und Geyer (er war Ende der 1980er-Jahre Vizeklubobmann der Grünen) könnte bei Bewerbern mitentscheiden, die aus seinen eigenen Reihen kommen. Zu hören ist, dass sich Geyers Stellvertreter Eberhard Pieber (er verfolgte Uwe Scheuch, FPK) sowie der auch in der WKStA tätige Johann Fuchs für den Job interessieren könnten. Und vielleicht auch Kollegin Beatrix Winkler.

Lexikon

Kampf der Korruption: Die erste zur Bekämpfung von Korruption eingerichtete Anklagebehörde, die Korruptionsstaatsanwaltschaft Wien, startete im Jänner 2009. Im September 2011 erhielt die KStA ihre jetzige Form: Es entstand eine komplexe Zentralstelle, die vor allem Wirtschaftskriminalität verfolgt. Im September wurde die Kompetenz erweitert, etwa auf Finanzstrafdelikte mit mehr als fünf Millionen Euro Schaden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2012)

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