Griechenland bekommt mehr Zeit, aber kein neues Geld

Griechenland bekommt mehr Zeit
Griechenland bekommt mehr Zeit(c) AP (Dimitri Messinis)
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Finanzministerin Maria Fekter sieht nach der EZB- und ESM-Entscheidung zwar "Europa stabilisiert", die Lage in Spanien, Portugal und Italien bleibt aber nach wie vor bedrohlich.

Nikosia/Wb/Ag. Die Finanzminister der Europartner haben den Druck auf Griechenland reduziert. „Falls das Defizit schlechter ausfällt wegen der schlechten Wirtschaftsentwicklung, könnte es etwas mehr Zeit geben, aber nicht mehr Geld“, sagte der niederländische Finanzminister Jan Kees de Jager am Rande des Treffens der EU-Finanzminister am Freitag in Nikosia. Auch Finanzministerin Maria Fekter bestätigte diese Haltung: „Wir werden den Griechen die Zeit geben, die sie brauchen.“ Ein neues oder aufgestocktes Hilfspaket werde es aber keinesfalls geben.

Für die griechische Regierung ist das eine gute Nachricht, da sich die Troika aus Vertretern der EU-Kommission, der EZB und des IWF zuletzt skeptisch zur Haushaltssanierung geäußert hatte. Es wurde bereits damit gerechnet, dass Griechenland die Auszahlung der nächsten Hilfstranche in der Höhe von 31 Milliarden Euro verweigert wird. Der niederländische Finanzminister wies allerdings darauf hin, dass Athen lediglich bei der Erreichung des geplanten Defizits mehr Zeit erhalte, nicht für die Umsetzung seiner Reformen. Die DreiParteien-Koalition in Athen muss deshalb eine rasche Einigung über Sanierungsmaßnahmen wie etwa die Erhöhung des Pensionseintrittsalters auf 67 Jahre oder den Abbau von Staatsbediensteten finden. Mitte der Woche war eine Verhandlungsrunde der Koalitionspartner gescheitert.

Das Entgegenkommen der Europartner dürfte mit der derzeitigen Entspannung auf den Märkten zusammenhängen. Fekter betonte in Nikosia, sie sehe nach dem EZB-Beschluss zum Ankauf von Staatsanleihen und dem Ja des deutschen Verfassungsgerichts zum permanenten Euro-Rettungsschirm ESM eine signifikante Entspannung. „Europa ist stabilisiert.“

Die Finanzminister berieten allerdings auch über die Lage in Spanien, Portugal und Italien, die nach wie vor problematisch bleibt. Nachrichten, wonach EZB und IWF bereits eine 300 Milliarden schwere Hilfe für Madrid vorbereiteten, wurden nicht bestätigt. Aufgrund der gesunkenen Zinsen rechnen Diplomaten auch nicht damit, dass Spanien rasch unter den Euro-Rettungsschirm schlüpft. Madrid bekam bereits im Juli von den Europartnern ein Bankenhilfspaket in der Höhe von bis zu 100 Milliarden Euro. In Nikosia berieten die Finanzminister, wie viel dieses Geldes nun tatsächlich notwendig ist. Der Chef der Euro-Gruppe, der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker, wies darauf hin, dass die Restrukturierung der spanischen Banken im November abgeschlossen sein könnte. Er behauptete am Rande des Treffens, dass Spanien zur Sanierung des Staatshaushalts bereits weitere Reformen zugesagt habe.

Für Portugal, das ebenfalls mit der Sanierung seines Staatshaushalts ringt, wird ebenso wie im Fall Griechenland eine Fristverlängerung für die Erreichung der Schuldenziele erwogen.

Deutsche kontrollieren ESM

Einen Etappensieg konnte Deutschland bei der Einflussnahme auf den neuen Eurorettungsschirm ESM erringen. Denn im Kontrollorgan des Stabilitätsmechanismus werden zwei Deutsche einziehen. Der Europäische Rechnungshof wird sein deutsches Mitglied Harald Noack entsenden. Darüber hinaus wird auch die deutsche Bundesbank durch einen eigenen Vertreter im fünfköpfigen Kontrollorgan vertreten sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2012)

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