Christian Meidlinger ist neuer Präsident des Schwimmverbandes. Der Politiker will den OSV aus den Negativschlagzeilen führen, Streitfälle bleiben aber ungelöst.
Einen passenderen Namen hätte der Ort dieser Begegnung nicht haben können. Österreichs Schwimmverband hielt am Samstag in der „Stahlwelt“ Linz den lang erwarteten Verbandstag ab und allen Anwesenden war klar, dass es kein munteres Zusammentreffen werden würde nach all den Vorfällen der letzten Monate. Nach dem Rücktritt von Paul Schauer als Verbandspräsident musste ein neuer starker Mann gewählt werden. Auch sollte die durch einen „Kurier“-Artikel ins Blickfeld gerückte Finanzgebahrung in Form einer GmbH beleuchtet und zum krönenden Abschluss die Causa der zehnmonatigen Sperre von Dinko Jukic abgeschlossen werden.
Nach Schauers Rücktritt am Donnerstag hatte sich der Wiener Agentur-Inhaber David Ungar-Klein ins Rennen gebracht um dessen Nachfolge. Schauer, 65, hatte von den endlosen Querelen mit Jukic genug. Der seit acht Jahren schwelende Konflikt hatte bei Schauer tiefe Spuren hinterlassen, und nachdem Jukic die Androhung seines Karriereendes im Fall von Schauers Wiederwahl erneuerte, zog der Werbeprofi die Konsequenz. Nun muss sein Nachfolger Dinko Jukic betreuen.
Gewerkschaft im Chlorwasser. Die Wahl des OSV-Präsidenten schien seit zwei Tagen eigentlich vorentschieden, immerhin hatte sich mit David Ungar-Klein ein ehemaliger Schwimmer bereits ins Spiel gebracht – und er war bis zum Auftakt des Verbandstages auch der einzige Kandidat. Der 40-Jährige verfügt über ein solides Netzwerk, er kennt Jukic, Rogan und auch Stars wie Aaron Peirsol oder Mark Spitz und beschrieb sich als „Mann des Sports“. Mit ihm war ein Neubeginn, der Reformen sowie neue Strukturen garantiert und vor allem auch neue Personen in den Vorstand mitbringt, gewiss.
Sportdemokratie hat in Österreich eine politische Dimension, die selbst vor Chlorwasser nicht Halt macht.
Erst Freitagnacht gab der geschäftsführende OSV-Vorstand mit dem Wiener Verbandspräsidenten Christian Meidlinger einen weiteren Wahlvorschlag ab – eine Stichwahl blühte allen Mitgliedern nach Diskussionen über Geld, Personalpolitik und den Streitereien mit Salzburger Vereinen, deren Verband oder deren acht angekündigte Klagen beim Zivilgericht Wien.
Das Wahlergebnis fiel jedoch deutlich aus: Von 139 Wahlberechtigten aus 79 Vereinen stimmten 104 für Meidlinger, nur 32 wollten Ungar-Klein als Präsidenten sehen. Meidlinger sagt: „Mein Ziel ist es, den Schwimmsport aus den negativen Schlagzeilen zu bringen. Ich glaube, dass uns das gelingen kann.“
Meidlinger führt Wiens Verband seit Juni 2010. Beruflich ist der 48-jährige Familienvater als Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten tätig, der SPÖ-Politiker sitzt seit 2007 auch im Wiener Landtag. Mit Peter Putzgruber fand sich nur einer der drei bisherigen Vizepräsidenten in seinem Team wieder. Mit ihm wurden auch Richard Kössler und Birgit Fürnkranz-Maglock gewählt.
Der alte Vorstand wurde zuvor beim Verbandstag von allen Vorwürfen finanzieller Natur entlastet. Der zuletzt in die Kritik geratene Finanzreferent Walter Benesch wurde ebenfalls in seinem Amt bestätigt.
Jukic und Szarzynski. OSV-Präsident Christian Meidlinger muss es nicht nur mit Dinko Jukic und all seinen Gegnern richten, er muss auch danach trachten, die wenigen, guten Trainer, die in Österreich tagtäglich am Beckenrand stehen, bei Laune zu halten. In einem Fall könnte es vielleicht nach dem Wechsel in der Verbandsspitze gar nicht so schwer sein – bei Andrzej Szarzynski.
Der Entdecker von Markus Rogan und Förderer vieler Schwimmer liegt seit geraumer Zeit im Clinch mit dem OSV. Nach einem Vorfall bei der EM in Debrecen – er reklamierte vergebens den falsch geschriebenen Namen auf seiner Akkreditierung – wurde dem Erfolgstrainer per Briefsendung mitgeteilt, dass er künftig zu keinem Großereignis mehr fahren dürfe. Nicht nur Szarzynski ist fassungslos, auch viele seiner Schwimmer. An manchem Funktionär ließ er kein gutes Haar. Er nannte sie „Metastasen“ und attackierte Schauer schwer. Er sei immer nur dann in Schwimmhallen zu sehen gewesen, wenn TV-Kameras in der Nähe waren. Es ist aber nur ein Kapitel, das die Unordnung im Schwimmsport aufzeigt. Auf Meidlinger wartet also ein schwerer Einsatz.
Die Verwandlung in eine „persona non grata“ lässt sich der Pole Andrzej Szarzynski übrigens nicht gefallen. Sein Anwalt, Thomas Krankl – auch Jukic ist sein Mandant – wurde bei der Gleichberechtigungskommission im Bundeskanzleramt vorstellig. Vorerst wird weiter gestritten.
Die Aufgabe des Präsidenten. Mit der Wahl des OSV-Vorstandes soll dem Schwimmsport neuer Elan verliehen werden. Es könne nicht wahr sein, sagte eines der wahlberechtigten Mitglieder, das namentlich nicht genannt werden wollte, dass alles einzig und allein immer nur von den Auftritten eines Jukic oder Markus Rogan abhängig sei. Nur auf sie sei Schauers Konzept zugeschnitten gewesen, der Rest – Breitensport und vor allem die unüberschaubare Problematik mit Schwimmbahnen oder dem Neubau im Stadthallenbad inklusive – sei nur noch im Schatten gestanden.
Schauer hätte sich mit den Granden der MA 51 partout nicht anlegen wollen oder aus politischen Gründen auch gar nicht dürfen. Dass im Nachwuchs dennoch viel erreicht wurde, durchaus Schwimmer in den Spitzensport nachdrängen oder der Verband in Schauers Ära auf eine solide Basis gestellt wurde und sogar internationale Events in Wien stattfanden, übersah das mitteilungsbedürftige Mitglied getrost. Für Meidlinger hatte der gute Mann übrigens enorme Sympathie. Ob der Wiener Politiker aber mit der Magistratsabteilung in den Ring steigt?
„Ich bin Vorsitzender eines Vereins mit vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern und über 100 Angestellten. Schwimmen ist mein tägliches Geschäft“, sagt Meidlinger, der verstärkt den Kontakt zu Spitzensportlern suchen wird, um sie für Kinder und Jugendliche als Vorbilder einzusetzen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2012)