Skandalbank: Sind Bayern schuld am Hypo-Debakel?

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Die Republik Österreich soll weitere 2,2 Milliarden Euro in die Sanierung der Hypo Alpe Adria stecken, obwohl laut einem Gutachten die Bayerische Landesbank für das Desaster mitverantwortlich ist.

Wien. Fritz Kleiner ist einer der renommiertesten Wirtschaftsexperten des Landes. In akribischer Kleinarbeit hat er für den österreichischen Staat das Debakel bei der Hypo aufgearbeitet. Er bekam Zugang zu allen internen Unterlagen. Kleiner hat sein 700 Seiten starkes Gutachten im Sommer fertig gestellt. Doch die Hypo Alpe Adria und das Finanzministerium weigern sich, die Expertise zu veröffentlichen. Sie wollen nicht, dass jene Leute, die die Hypo geschädigt haben sollen, von möglichen juristischen Schritten Wind bekommen. Dem stellvertretenden BZÖ-Klubobmann Stefan Petzner wurde am Wochenende das 700-Seiten-Gutachten zugespielt. Er hat am Montag wichtige Passagen veröffentlicht.

Kleiner hat in der Expertise die Verfehlungen aus der Zeit aufgelistet, in der die Hypo der Bayerischen Landesbank gehört hat. Auf Seite 29 des Gutachtens heißt es: „Der Wachstumskurs wird unverändert fortgesetzt, obwohl dieser in der 81. Aufsichtsratssitzung vom 17. 12. 2007 als problematisch diskutiert wird.“ Auf Seite 37 steht: „Die Mitglieder des Aufsichtsrats respektive die Vertreter der Bayerischen Landesbank wurden vom Vorstand regelmäßig über Problembereiche und Problemfälle der HypoBank International informiert. Bis zum vierten Quartal 2008 wurde am Wachstumskurs festgehalten“, obwohl die zu optimistisch angenommenen Planwerte bereits in der Aufsichtsratssitzung kritisch hinterfragt worden seien.

Massives Missmanagement?

Massive Probleme dürfte es bei der Leasingtochter der Hypo gegeben haben: „Unserer Ansicht nach sind das unkontrollierte Wachstum und das Missmanagement in den Leasinggesellschaften wesentlich für den Niedergang dieses Instituts in den Jahren bis 2009 verantwortlich“, schreibt Kleiner auf Seite 155. In einer abschließenden Stellungnahme betont der Gutachter: „Hätte sich der (neue) Vorstand von Anfang an zentral mit den Werthaltigkeiten der Kreditforderungen und Beteiligungen und dem wirtschaftlichen Eigenleben der Leasinggesellschaften in Südosteuropa beschäftigt, ein wesentliches Verlustpotenzial wäre früher erkannt worden.“

Außerdem kommt Kleiner zur Ansicht, dass die BayernLB den Ausstieg bei der Hypo schon länger geplant habe. Kurz vor der Übernahme durch den österreichischen Staat kappten die Deutschen 2009 bei der Hypo Kreditlinien in dreistelliger Millionenhöhe. Ende 2009 wurde das Klagenfurter Institut mit der Verstaatlichung vor der Pleite gerettet. Doch Kleiner deckt auf, dass die Bayern schon ein Jahr zuvor beschlossen haben, sich von der Österreich-Tochter zu trennen – wie auf Seite 566 des Gutachtens steht: „Laut Aussagen von Kurt Fahrenschon, dem damaligen Ministerpräsidenten für Finanzen, wurde als mittelfristige Perspektive in der Verwaltungsratssitzung am 29. 11. 2008 beschlossen, sich von der Hypo zu trennen und die Osteuropa-Strategie aufzugeben.“

Weder die Hypo noch das Finanzministerium nimmt zum Gutachten von Kleiner Stellung. Dem Vernehmen nach werden aber hinter den Kulissen juristische Schritte gegen die BayernLB geprüft. Im Zuge der Verstaatlichung musste sich die BayernLB verpflichten, der Hypo eine bis 2014 laufende Liquiditätsspritze von 3,1 Mrd. Euro zur Verfügung zu stellen. Nun gibt es Überlegungen, das Geld einzubehalten. Die Hypo hat dazu ein neues Gutachten in Auftrag gegeben, ob die 3,1 Mrd. Euro als „verstecktes Eigenkapital“ zu sehen sind. Und Eigenkapital muss grundsätzlich nicht zurückbezahlt werden. Das Gutachten dazu soll demnächst vorliegen. Falls die Hypo die Bayern-Milliarden behält, braucht die Republik Österreich nicht 2,2 Mrd. Euro zuschießen, wie es die Finanzaufsicht vor Kurzem gefordert hat.

Indes bereitet Petzner eine Anzeige gegen Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer wegen des Verdachts auf Korruption vor. Gusenbauer hat die Hypo in der Vergangenheit beraten. Kleiner soll in seinem Gutachten dafür Leistungsnachweise vermissen, behauptet Petzner. Gusenbauer sei nicht erreichbar, sagte seine Assistentin beim Renner-Institut am Montag auf „Presse“-Anfrage. Der Ex-Kanzler hat in der Vergangenheit alle Vorwürfe im Zusammenhang mit der Hypo zurückgewiesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2012)

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