Metaller starten KV-Verhandlungen mit Vollgas

FORTSETZUNG DER METALLER KV-VERHANDLUNGEN: WIMMER
FORTSETZUNG DER METALLER KV-VERHANDLUNGEN: WIMMERAPA/GEORG HOCHMUTH
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Entgegen der geübten Praxis starten die Gespräche umgehend nach der Forderungsübergabe. Ausgangsbasis ist eine Inflationsrate von 2,8 Prozent.

Die Herbstlohnrunde beginnt heute, Mittwoch, gleich mit Vollgas. Um 14 Uhr übergeben die Arbeitnehmervertreter der Metallindustrie ihre Forderungen an die Arbeitgeber und danach wird sofort - entgegen der bisherigen Praxis - mit der ersten Verhandlungsrunde begonnen. Eine Einigung in der ersten Runde gilt allerdings als extrem unwahrscheinlich. Im Vorjahr waren vier Sitzungen erforderlich.

Die Verhandlungen finden heuer erstmals nicht mit der gesamten Metallindustrie statt. Der weitaus größte Fachverband, die Maschinen- und Metallwarenindustrie (FMMI), ist aus dem bisherigen Verbund ausgeschieden, wodurch die Gewerkschaften heuer mit allen sechs Verbänden getrennt sprechen. Den Auftakt heute macht die FMMI, die rund 120.000 der 180.000 Metaller vertritt.

Ausblick in Metallindustrie eingetrübt

Ausgangsbasis für die Verhandlungsrunde ist eine Inflationsrate von 2,8 Prozent in den vergangenen zwölf Monaten, im Vorjahr gab es ein Plus bei den Kollektivverträgen von im Schnitt 4,2 Prozent. Nach einer sehr guten Auftragslage in den vergangenen zwei Jahren hat sich zuletzt der Ausblick für die Metallindustrie eingetrübt.

Eine wesentliche Berechnungsgrundlage für die Forderungen der Gewerkschaften bei der jährlichen Herbstlohnrunde ist die "Benya Formel". Sie ist nach dem mittlerweile verstorbenen früheren ÖGB-Chef Anton Benya benannt und setzt sich aus der Inflationsrate und dem Produktivitätszuwachs zusammen. Ziel ist es, die Einkommensentwicklung der Leistungskraft der Unternehmen anzupassen und durch Lohnabschlüsse über der Teuerungsrate auch den Konsum zu stimulieren.

Neues Arbeitgeber-Team

Das Verhandlungsteam der Arbeitnehmer wird - wie schon in den Jahren zuvor - von Rainer Wimmer (Pro-Ge) und Karl Proyer (GPA) angeführt. Wimmer will sich bei dieser Kollektivvertragsrunde "nicht mit einem Butterbrot abspeisen lassen", wie er am Mittwoch im "ORF-Morgenjournal" sagte. Auf die Frage, ob die Forderung angesichts einer Inflation von 2,8 Prozent "deutlich über drei Prozent" liegen werde, sagte Wimmer: "Zahlen können nicht genannt werden, aber sie können davon ausgehen."

Das Team der Industrie ist heuer neu. Verhandlungsführer des FMMI ist der Vorarlberger Unternehmer und stellvertretende FMMI-Obmann Johannes Collini. Zum Team gehören weiters Veit Schmid-Schmidsfelden, Geschäftsführender Gesellschafter der Rupert Fertinger GmbH, und Karin Exner-Wöhrer, Vorstandsvorsitzende der SAG Motion.

Muhm warnt vor Aufsplitterung

Die Arbeiterkammer (AK) hat die Arbeitgeber vor einer Aufsplitterung des Lohnabschlusses gewarnt. Die Lohnführerschaft des exponierten Sektors mache volkswirtschaftlich Sinn und habe sich bisher sehr bewährt, sagte der AK-Direktor Werner Muhm heute Mittwoch im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Die Beibehaltung des Systems der Flächentarifverträge sei sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber sinnvoll. Als Basis für einen kalkulierbaren Wettbewerb stärke sie die Wettbewerbsfähigkeit.

In Österreich sei es Tradition, dass die Metallerlohnrunde ein "starkes Signal" für die Lohnentwicklung vorgebe. Von dieser Tradition sollte nicht abgegangen werden. Wirtschaftspolitisch gesehen sollte das Lohnsignal nicht vom geschützten öffentlichen Sektor kommen, warnte Muhm. Dies wäre für die Industrie und für die gesamte Volkswirtschaft gefährlich.

Verhandlungsort ist traditionell die Wirtschaftskammer Österreich. Gefeilscht wird um die Mindest- und Ist-Löhne sowie um die Lehrlingsentschädigung. Ob die Industrie auch Änderungen bei den Arbeitszeiten - sprich längere Durchrechnungszeiträume für die Überstundenabgeltung - durchsetzen will ist noch offen.

Experten wie Politologe Ferdinand Karlhofer erwarten, dass sich Arbeitgeber und -nehmer schlussendlich auch heuer "in der Mitte treffen" werden, wie er im Gespräch mit der "Presse" anführt.

Was ist ein KV?

Kollektivverträge (KV) sind eine verbindliche Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern und werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern geschlossen. Der KV gilt für alle Arbeitnehmer einer Branche, auch wenn sie kein Gewerkschaftsmitglied sind. Die beiden wesentlichen Punkte sind der Mindestlohn und der Ist-Lohn, weiters werden im KV Sonderzahlungen, Arbeitszeiten und Kündigungsfristen geregelt. Die Vereinbarungen gelten so lange, bis ein neuer Kollektivvertrag abgeschlossen wird.

(APA)

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