Draghi erwägt Veröffentlichung geheimer EZB-Protokolle

EZB behaelt sich Kauf von Staatsanleihen vor
EZB behaelt sich Kauf von Staatsanleihen vordapd
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Eigentlich sollte der EZB-Rat stets mit einer Stimme sprechen. Dies kann sich bald ändern: Bisher unter Verschluss gehaltene Protokolle könnten offenlegen, wer für die umstrittenen Anleihenkäufe war – und wer dagegen.

EZB-Präsident Mario Draghi erwägt einem Medienbericht zufolge, die geheimen Protokolle der Ratssitzungen zu publizieren. Konkret geht es um die Debatte zu den umstrittenen Staatsanleihen-Käufen durch die Zentralbank, schreibt die "Süddeutsche Zeitung". Ein Vorbild wäre die US-Notenbank Fed, die ihre Protokolle drei Wochen nach der Sitzung veröffentlicht. Die EZB hält die Aufzeichnungen dagegen 30 Jahre unter Verschluss. Der Grund: Der EZB-Rat soll Geschlossenheit demonstrieren, obwohl es oft Kontroversen rund um die Gemeinschaftswährung gibt. Auch Draghi spricht meistens nicht über Gegenargumente, wenn er in Pressekonferenzen die Entscheidungen der Zentralbank verkündet.

Die Ratsmitglieder sollen nicht als Vertreter ihres Landes verstanden werden, sondern als Experten, die sich auf die beste Lösung einigen und diese dann auch gemeinsam vertreten. In der Praxis sieht das freilich anders aus: So ist etwa der Widerstand des deutschen Notenbankchefs Jens Weidmann gegen die Ankäufe von Staatsanleihen aus Krisenländern schon lange bekannt (mehr dazu ...).

"Transparenz kontinuierlich im Fokus"

Wären die Protokolle öffentlich, könnten die Europäer vielleicht sehen, dass neben Weidmann auch andere Ratsmitglieder die Gefahren der Euro-Rettungspolitik sehen. Wie brisant das ist, zeigt die "Süddeutsche" an einem Beispiel: Würde bekannt werden, dass der spanische Notenbankpräsident im EZB-Rat gegen die Anleihekäufe votiert hätte, gäbe es in Spanien wahrscheinlich eine Welle der Entrüstung.

Doch bei der europäischen Bevölkerung wächst der Wunsch nach Transparenz. Das weiß man offenbar auch bei der Zentralbank: "Die EZB ist in hohem Maß der Transparenz verpflichtet und hat sie deshalb kontinuierlich im Fokus", sagte eine Sprecherin.

(Red.)

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