Frauenhaus: Bedarf nach Platz steigt

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FrauenhausClemens Fabry
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Eines der vier Wiener Frauenhäuser ist umgezogen. Die Nachfrage nach Platz und Betreuung steigt weiterhin. Betroffen sind oft Frauen mit Migrationshintergrund.

Wien/Duö. Ein Fünf-Sterne-Hotel sei das neue Haus zwar nicht, aber eine im Vergleich zum alten Haus komfortable Einrichtung: Eines der insgesamt vier Wiener Frauenhäuser ist im Sommer in ein neues Gebäude übersiedelt, wie die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) am Mittwoch bekannt gab. Somit stehen in Wien 175 Plätze für Frauen in Not zur Verfügung – das sind um neun Plätze mehr als zuvor.

Der Umzug wird zunächst damit begründet, dass das alte Haus alt und sanierungsbedürftig war. In den neuen Räumlichkeiten haben die Frauen mit ihren Kindern eigene Wohnbereiche sowie eine Gemeinschaftsküche in jedem Stockwerk. Die Adresse bleibt – wie auch bei den anderen Häusern – zum Schutz der Frauen geheim.

Die Nachfrage nach einem Platz im Frauenhaus sei jedenfalls vorhanden, vor dem Umzug stand auch die Überlegung im Raum, ein fünftes Haus zu eröffnen, sagt die Geschäftsführerin der Wiener Frauenhäuser, Andrea Brem: „Wir sind hoch ausgelastet.“ Mit den nun vorhandenen Plätzen komme man zwar zurecht, längerfristig werde man allerdings schauen, „ob wir nicht mehr Platz brauchen.“ Weggeschickt wird aber keine Frau: Wenn sie einen Platz brauchen, bekommen sie ihn auch, so Brem. In Wien ist jede fünfte Frau von Gewalt betroffen, wie Frauenberger sagt.

Die Frauenhäuser verwalten auch Wohnungen für 52Familien. Im vergangenen Jahr haben 112 Frauen in diesen Räumen gewohnt. Insgesamt hatten die Wiener Frauenhäuser 2011 etwa 9000 Kontakte, 1300 davon persönlich. Betreut wurden rund 650 Frauen und 630 Kinder. Über die Hälfte der Kontakte – 63 Prozent – wurden durch Behörden oder andere soziale Einrichtungen vermittelt.

Scheidung, Trennung, Unterhalt

Die vier Häuser werden zu Hundert Prozent von der Stadt Wien finanziert. In diesem Zusammenhang betonte Frauenberger, dass Geld für den Gewaltschutz „gut investiertes Geld“ sei.

Sie nahm damit auch Bezug auf die Aussagen der Amstettner FPÖ-Stadträtin Brigitte Kashofer, die im Juli meinte, dass Frauenhäuser „an der nachhaltigen Zerstörung von Ehen und Partnerschaften maßgeblich beteiligt“ seien. Für Frauenberger eine „frauenfeindliche“ Einstellung. Eine breit angelegte Informationskampagne im Frühjahr habe die Bedeutung der Frauenhäuser dargelegt: Die Anrufe in der Beratungsstelle sind um ein Viertel gestiegen, so Frauenberger.

Bei den meisten Kontakten wurden die Themenbereiche Scheidung, Trennung, Unterhalt, Obsorge sowie Besuchsrecht besprochen. Grundsätzlich sind alle Frauen, die in den Häusern Zuflucht suchen, von Gewalt betroffen, so Geschäftsführerin Andrea Brehm. Diese müsse nicht körperlich sein, oft würden die Betroffenen von sexueller und psychischer Gewalt berichten, dürften beispielsweise nicht über ihr selbstverdientes Geld verfügen, würden oft beschimpft, gedemütigt und abgewertet.

Das Ziel nach einem Aufenthalt in den Frauenhäusern sei es, so die Vorsitzende der Wiener Frauenhäuser, Martina Ludwig-Faymann, dass die Frauen (ökonomisch) unabhängig leben können. Betroffen von Gewalt sind Frauen aus allen Gesellschaftsschichten, wie die Kontakte bei der Beratungsstelle zeigen, so Ludwig-Faymann. Nicht die Mehrheit, aber doch sehr viele Frauen, die um Schutz ansuchen, haben einen Migrationshintergrund, bestätigt hingegen Brem. Betroffen sind vor allem jene, die noch nicht lange in Österreich leben und sich auch nicht an Freunde oder Verwandte wenden können, da keine sozialen Netzwerke vorhanden sind.

Oft sind die Frauen auch vom Aufenthaltstitel ihrer Ehemänner abhängig, was eine Trennung oder Scheidung erschwere. Wobei, so Brem, die Frauen grundsätzlich nicht in die Häuser flüchten, um sich scheiden zu lassen, sondern weil sie wollen, „dass die Gewalt aufhört.“ Das erste Wiener Frauenhaus wurde 1978 eröffnet. Heute sind rund 100 Mitarbeiter – etwa Psychologen und Sozialarbeiter – in den vier Häusern beschäftigt.

Auf einen Blick

In Wien gibt es insgesamt vier Frauenhäuser. Eine der Einrichtungen ist kürzlich in ein neues Haus übersiedelt – die ehemalige Unterkunft war alt und sanierungsbedürftig.
Im vergangenen Jahr hatte die Beratungsstelle insgesamt rund 9000 Kontakte. In den Frauenhäusern wurden 650 Frauen und 630 Kinder betreut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2012)

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