Mohammed-Karikaturen schüren Angst vor Unruhen

Frankreich AntiIslamWitze schueren Angst
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Das französische Satiremagazin „Charlie Hebdo“ veröffentlichte neue Karikaturen. Aus Furcht vor neuen Ausschreitungen bleiben in 20 Ländern die französischen Botschaften geschlossen.

Paris. Schon am frühen Morgen war bei den französischen Zeitungshändlern „Charlie Hebdo“ ausverkauft. Die neue Nummer des Satiremagazins enthält Mohammed-Karikaturen, die unweigerlich strenggläubige Muslime herausfordern. Nach den gewaltsamen Protesten gegen einen Anti-Islam-Film in der arabischen Welt befürchtet Paris nun Ausschreitungen gegen französische Botschaften. In insgesamt 20 Ländern hat Frankreich darum vorsichtshalber am Freitag, dem Tag der Predigten in den Moscheen, seine diplomatischen Vertretungen und die französischen Schulen geschlossen.

„Intouchables“ lautet in Anspielung auf den gleichnamigen Erfolgsfilm („Ziemlich beste Freunde“) der Titel der aktuellen Ausgabe von „Charlie Hebdo“. Die „Unberührbaren“ sind als Zeichnung abgebildet: Es handelt sich um einen bärtigen Muslim mit Turban und einen orthodoxen Juden. Das wöchentlich erscheinende Pariser Satireblatt sagt damit, dass es heute fast unmöglich geworden sei, mit diesen Religionen satirisch umzugehen. Im Heftinneren sind dann ein paar weitere Karikaturen des Propheten Mohammed. Diese sind nach Ansicht von Chefredakteur Stephane Charbonnier „nicht deftiger als üblich“. Über Geschmack und Humor lässt sich wie immer streiten. Doch Gotteslästerung ist in Frankreich kein Delikt, sondern hat seit Voltaire und der Aufklärung eine lange Tradition.

„Gehe auch nicht in die Moschee“

Natürlich sind sich die Herausgeber dieses Wochenblatts dessen bewusst, dass sie mit ihrer neuesten Ausgabe Öl ins Feuer der gegenwärtigen Reaktionen auf den Film „The Innocence of Muslims“ gießen. „Unsere Absicht ist es nicht zu provozieren, sondern im Gegenteil auf die Provokationen zu antworten“, meint dazu Charbonnier. Er ist der Meinung, „schockiert sei (über die „Charlie Hebdo“-Nummer) nur, wer schockiert sein will“. Im Übrigen sei ja kein strenggläubiger Muslim gezwungen, am Kiosk „Charlie Hebdo“ zu kaufen. Er gehe ja auch nicht in eine Moschee, um sich Predigten anzuhören, die seiner Gesinnung zuwiderlaufen.

Vor einem Jahr bereits wurde auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“ wegen einer ersten Serie von Mohammed-Karikaturen ein Brandanschlag verübt. Heute wie damals griffen Hacker die Website an. Aus diesem Grund sind gestern die neuen Büros der Zeitung im Osten von Paris unter Polizeischutz gestellt worden. Während die einen dazusagen, „Charlie Hebdo“ suche verantwortungslos die Konfrontation mit Glaubensfanatikern, halten es andere für mutig und wichtig, dass die Redaktion trotz oder gerade wegen der zu erwartenden Wutreaktionen den Einschüchterungsversuchen die Stirn bietet. Beiden Seiten geht es im Konflikt um die Karikatur darum, ein Exempel zu statuieren.

Strikter Säkularismus

Dass ausgerechnet in Frankreich die Debatte um Meinungsfreiheit versus Blasphemie besonders heftig geführt wird, darf nicht verwundern. Die französische Republik verteidigt seit der Revolution antiklerikale Kritik als Menschenrecht und seit hundert Jahren auch eine strikte Trennung von Staat und Religion.

Zugleich ist Frankreich auch das westeuropäische Land mit dem höchsten Anteil muslimischer Mitbürger – schätzungsweise sind es drei bis vier Millionen Menschen.

Auf einen Blick

Mohammed-Karikaturen in dem Pariser Satireblatt „Charlie Hebdo“ haben die Angst vor neuen antiwestlichen Unruhen in der islamischen Welt genährt. Das Magazin veröffentlichte Zeichnungen, die sich mit dem islamfeindlichen Film befassen, der in den vergangenen Tagen zu gewaltsamen Protesten in mehreren muslimischen Ländern geführt hatte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2012)


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