Nacht der Tracht: Respekt vor dem Überlieferten

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In der Salzburger Residenz wurden Ex-Skifahrer Markus Wasmeier und Haubenköchin Johanna Maier als „Botschafter der Tracht“ ausgezeichnet.

Seit Mittwoch punkt zwölf Uhr gilt in Salzburg wieder der Dresscode Tracht, es ist die Hochsaison für Dirndl, Lederhose und Janker: Vor dem Dom öffnete der Rupertikirtag, das traditionelle Fest des Salzburger Landespatrons – mit Bieranstich, Musik und Jahrmarktattraktionen.

Doch am Abend zuvor stahlen zwei Wienerinnen der Salzburger Gesellschaft in Sachen Tracht eindeutig die Show. Gexi und Anna Tostmann verliehen bei einem Fest in der Salzburger Residenz den Ehrentitel „Botschafter der Tracht“ an die Salzburger Haubenköchin Johanna Maier und den ehemaligen bayerischen Skirennläufer und nunmehrigen Museumsdirektor Markus Wasmeier. Das weiße Dirndl ist das Markenzeichen der Köchin, Wasmeier geht ohne seine Lederhose nicht außer Haus: „Wenn andere den Smoking anziehen, dann komm ich in der Lederhose.“

Für Johanna Maier ist das Dirndl Arbeitskleidung. „Die Kochjacken haben mir nicht gefallen“, erzählt sie. Mit einem Dirndl fühle sie sich immer fesch und gut angezogen. Neben den 20 Dirndln für die Küche gebe es noch zehn für Freizeit und Festtage, verrät Dietmar Maier der „Presse“ etwas über den Inhalt des Kleiderschranks seiner Frau: „Sie hat ein Dirndl, das trägt sie seit dem 16.Lebensjahr. Sie hat immer die gleiche Figur.“

„Die Botschafter der Tracht sind Vorbilder im Respekt gegenüber dem Überlieferten und gleichzeitig Initiatoren für neue Impulse“, erläuterte Anna Tostmann die Intention des Preises. Der Schauspieler Miguel Herz-Kestranek, Botschafter der Tracht 2008 und einer der Moderatoren des Abends, erinnerte an die dunklen Seiten des Themas, als die Nazis den Juden das Tragen der Tracht 1938 verboten haben. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller sieht eine „Demokratisierung der Tracht“: „Sie ist nicht mehr das Zeichen einer bestimmten Herkunft.“

Kurz oder lang, traditionell oder modern, mit oder ohne Rüschen: Die weiblichen Gäste – darunter Jurymitglied und Model Cordula Reyer, Schauspielerin Anja Kruse, Köchin Sarah Wiener oder die Unternehmerin Christiane Underberg – präsentierten an dem Abend stolz ihre Dirndlkleider, die Männer führten ihre Trachtenanzüge und Lederhosen aus. Nur einer hatte – nicht ganz unerwartet – den Dresscode missachtet. André Heller, der die Laudatio auf „das ewige Sterntalerkind“ Johanna Maier hielt, bevorzugte einen schlichten schwarzen Seidenanzug. „Die Tracht des japanischen Volksstamms Yamamoto“, kommentiert er seine Kleidung. „Ich eigne mich für kurze Lederhosen nicht, weil meine Waden nicht halten, was mein Gesicht eventuell verspricht.“

In den Sommern seiner Kindheit – die Heller am Wolfgangsee verbracht hat – habe die Tracht den Einheimischen am Sonntag eine „Mindesteleganz“ verliehen. Vom Grundrecht, sich selbst auszusuchen, was man anzieht, hält er wenig: Die Österreicher seien Meister, „das ihnen modisch am wenigsten Zuträgliche zur Bedeckung ihrer Blößen zu wählen“. Deshalb freut ihn, dass die junge Generation die Tracht wieder entdeckt hat.

Was dann folgte, war eine Liebeserklärung an ein „Genie des Handwerks, eine Zauberin wie Johanna Maier“. „Weil sie heftig vor sich herdirndlt, erhält sie heute den Preis“, sagt Heller. Und verrät, dass nicht das Dirndl der Grund für die Ehrung sei. Vielmehr habe ein „Geheimbund zur Erhöhung der Lebensqualität der Johanna Maier“ beschlossen, die „gnadenlose Selbstausbeuterin“ künftig mit Preisen zu überschütten. „Wir möchten dich zwingen, wenigstens einen Tag freizunehmen, auszuschlafen. Wir sind um dich besorgt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.09.2012)

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