Eine kurze Geschichte der Sklaverei

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Vor 150 Jahren erklärte US-Präsident Abraham Lincoln die schwarzen Sklaven in den Südstaaten für frei. Die Sklavenhaltung begann wohl erst mit des Menschen Sesshaftwerdung vor etwa 11.000 Jahren.

Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist auch die Geschichte der Sklaverei – so kann man, in Anlehnung an Marx und Engels, den Umstand beschreiben, dass Menschen andere Menschen wie Waren besaßen, mit ihnen handelten, sie für sich arbeiten ließen und meist übel mit ihnen verfuhren. Noch heute ist das Phänomen nicht verschwunden oder lebt in „milderen“ Formen wie Schuldknechtschaft und Zwangsverheiratungen weiter.

Die Sklavenhaltung begann wohl erst mit des Menschen Sesshaftwerdung vor etwa 11.000 Jahren, da Jäger-Sammler-Gesellschaften solche Strukturen kaum tragen können. Ob Ägypter, Azteken oder Chinesen, fast jedes alte Volk hatte Sklaven, der babylonische „Kodex Hammurabi“ (ca. 1760 v. Chr.) ahndete Sklavenbefreiung mit dem Tod. Im klassischen Rom lag der Sklavenanteil im Volk bei 25 bis 40 Prozent.

Bis zum 10. Jh. ersetzte „Sklave“ das lateinische „Servus“, Sklaven nannte man, etwa in Byzanz, die Slawen, die nach (Süd-)Osteuropa zuzogen; sie waren lange Ziel von Sklavenräubern und -händlern (meist Tataren, Wikingern und jüdischen Kaufleuten der „Radhaniten“), die Millionen entführten; die Tataren nannten es „die Steppe abernten“. Piraten aus Nordafrika fingen bis ins 18. Jh. bei „Razzien“ an Südeuropas Küste Menschen. Extrem war die Sklaverei bis Beginn der Kolonialära in Ländern Afrikas, wo 25 bis 80% (z. B. in Sansibar) der Menschen Sklaven waren. Araber holten von dort Sklaven en masse, Händler in Westafrika boten jene an, die Europäer nach Amerika schickten, die ersten 1501 nach Kuba (damals spanisch).

In Westeuropa ging die Sklaverei im Spätmittelalter zurück, oft auf Druck der Kirche. 1117 verbot man sie in Island, 1215 in England, 1315 in Frankreich. Der Dominikaner Antonio de Montesinos wetterte 1511 in der „Adventpredigt“ gegen das Versklaven Indigener, das in der Tat bald beendet wurde. Dennoch sandten Europäer weiter Afrikaner nach Amerika, v. a. nach Brasilien. 1526 brachten Spanier die ersten schwarzen Sklaven nach Nordamerika, in eine Kurzzeitkolonie in South Carolina; ihr Strom ins „englische“ Amerika startet 1619, zu Beginn des Bürgerkriegs in den USA 1861 sind dort vier Millionen Sklaven. Präsident Abraham Lincoln erklärt in der „Emanzipations-Proklamation“ (22. September 1862) jene in den abtrünnigen Südstaaten für frei; nach Kriegsende 1865 wird das auf die (wenigen) Sklaven im Norden erstreckt.

Wiener „Ächtung des Negerhandels“.Der Wiener Kongress 1814/15 erließ das „Règlement zur Ächtung des Negerhandels“. Bis 1900 war Sklaverei global großteils illegal. 1926 verbot sie der Völkerbund in einem Vertrag, 1948 die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO. Der letzte Staat, der sie abschaffte, war 1981 Mauretanien; erst seit 2007 wird sie dort aber auch bestraft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2012)

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