Wolfgang Kos: Ein sensibles Auge für Alt- und Neu-Wien

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Der Direktor des Wien-Museums, Wolfgang Kos, leitet dies seit zehn Jahren. Er hat es zum schillernden Spiegel dieser Stadt gemacht.

„Die Museumsszene ist reich an Feldherrn. Ich werde keiner sein.“ Mit diesen Worten stellte sich Wolfgang Kos im September 2002 als neuer Direktor der Museen der Stadt Wien vor. Zehn Jahre später kann man bestätigen: Er ist kein Feldherr geworden. Aber er hat aus einem soliden, aber etwas verstaubten historischen Museum ein genauso solides, aber spannendes Wien-Museum gemacht, in dem sich z. B. ganz selbstverständlich die Wiener Popszene traf, als es galt, des verstorbenen Radiomachers und DJs Werner Geier zu gedenken.
Wolfgang Kos ist selbst mindestens einer Generation als Radiomacher im Gedächtnis: als Gestalter dichter Stadtporträts für „Diagonal“ etwa und als Kurator des feuilletonistischen, aber nie nostalgischen „Popmuseums“, das auf Ö3 lief, als man sich dort noch nicht dafür schämte, dass Pop auch zur Kultur gehört. „Was zählt, das liegt dazwischen“, lautete eine Zeile des Duos „Leider keine Millionäre“, das Kos Anfang der Achtzigerjahre mit Edek Bartz bildete: Auch das könnte man als Motto seines musealen Wirkens nehmen – nicht als postmodernen Slogan, sondern als Bekenntnis zur Genauigkeit, zu den Details, aus denen erst das Ganze sichtbar wird. So bekennt er sich gern zur Leidenschaft des Sammelns, im Fall seines Museums: des Weitersammelns. „Viele kultur- und stadtgeschichtliche Sammlungen rissen im 20. Jahrhundert ab“, erklärt er: „Unter den Objekten, die wir angekauft haben, ist das wichtigste Aquarell von Rudolf von Alt, das auf den Markt kam, ebenso wie Schlüsselwerke von Gegenwartskünstlern wie Hans Schabus oder Anna Jermolaeva. Denn das Wien-Museum ist historisches Stadtmuseum und Kunstmuseum mit international bedeutsamer Sammlung.“

Was macht die Faszination eines solchen Museums aus? „Man kann mit historischem Material auf aktuelle Fragen eingehen“, meint Kos: „Man kann fragen: Wie hat sich das urbane Leben verändert? Wie die Physiognomie der Stadt? Journalistisch würde man das Hintergrundberichterstattung nennen.“ Kos sieht da keinen Bruch zu seiner journalistischen Vergangenheit: „Es ist faszinierend, Fachwissen für ein breites Publikum ästhetisch möglichst attraktiv zu vermitteln.“ Das ist dem Wien-Museum in den letzten Jahren in vielen Ausstellungen gelungen: über mittelalterliche Pläne des Dombaus von St. Stephan, den Neusiedlersee („Das Meer der Wiener“), über Schaufenster und Kinderwägen, über die Werkbundsiedlung und Orte des Fußballs, über Makart und Qualtinger, über „Madness and Modernity“ und die „Entdeckung des Elends“ in den Großstädten. Über den „Kampf um die Stadt“ in der Ersten Republik und die wilden Fünfzigerjahre. Über Alt-Wien, „die Stadt, die niemals war“: eine Ausstellung, die einen Mythos nicht zerschlagen, sondern liebevoll gespiegelt hat. Und auch den immerwährenden Konflikt zwischen „Demolierern“ und „Bewahrern“ gezeichnet hat.

Auf dem „Kraftort“ Karlsplatz


Das Museumsgebäude auf dem Karlsplatz, entworfen von Oswald Haerdtl, eröffnet 1959, hat seinen eigenen spröden Charme, ist aber zu klein geworden. So wird seit Längerem über einen neuen Bau nachgedacht – und auch über einen neuen Standort. Kos selbst freilich sieht „sein“ Museum als Teil des „Kulturclusters“, der sich von der Albertina zum Freihausviertel, vom Museumsquartier bis zum Karlsplatz zieht, diesem unübersichtlichen, bisher durch keine Raumplanung gezähmten Platz, den 2008 eine Ausstellung im Wien-Museum als Experimentierfeld der Moderne, als „Platz der Widersprüche“ und als „Kraftort“ zeichnete. „So zentral wie möglich“ müsse ein Stadtmuseum sein, hält Kos fest: Mit einer – tatsächlich erwogenen – Übersiedlung zum Zentralbahnhof wäre er nicht glücklich. Und er weiß: „Ein falscher Standort ist nie mehr zu korrigieren.“ Ein Neubau müsse jedenfalls eine „landmark“ in der „mental map“ der Stadt sein: „Es sollte ein Spannungsverhältnis zwischen Museum und historischer Stadt bestehen.“

Zur Person

Wolfgang Kos, geboren 1949 in Mödling, studierte Geschichte und Politik an der Uni Wien, er dissertierte 1984 über die „künstliche Landschaft“ Semmering. 1968 war er unter den Vätern der Ö3-„Musicbox“, 1984 unter den Erfindern der Ö1-Sendung „Diagonal“. Mit Edek Bartz gründete er das vorbildliche Festival „Töne und Gegentöne“ und das Duo „Leider Keine Millionäre“. Seit 2003 ist er Direktor des Wien-Museums.


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