Steinbrück wegen Honoraren attackiert

Steinbrueck wegen Honoraren attackiert
Steinbrueck wegen Honoraren attackiert(c) EPA (ALINA NOVOPASHINA)
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Alle Parteien zielen auf wunden Punkt beim SPD-Kanzlerkandidaten. Steinbrück hat als einfacher Abgeordneter seit 2009 rund 100 Vorträge für Banken und andere Unternehmen gehalten. Für die meisten kassierte er mehr als 7000 Euro.

Berlin/Gau. Kaum gekürt, steht Peer Steinbrück schon unter Beschuss von allen Seiten. Generalsekretäre zielen besonders tief auf den SPD-Kanzlerkandidaten. Alexander Dobrindt (CSU) verdächtigt ihn als „Liebling der Spekulanten“. Für Patrick Döring (FDP) ist der frühere Finanzminister „mit dem Gen des ehrbaren Kaufmanns nur dürftig gesegnet“, zumal bei ihm „alle Sicherungen durchbrennen, wenn es um den eigenen Vorteil geht“. Sogar linke Parteikollegen fordern Steinbrück auf, seine Steuererklärung zu veröffentlichen.

Was ist passiert? Seine Gegner glauben beim Merkel-Herausforderer einen wunden Punkt gefunden zu haben. Steinbrück hat als einfacher Abgeordneter seit 2009 rund 100 Vorträge für Banken und andere Unternehmen gehalten. Für die meisten kassierte er mehr als 7000 Euro. Das ist legitim und auf der Webseite des Bundestags einsehbar. Dort müssen Nebeneinkünfte der Abgeordneten aber nur nach Betragsklassen angeführt werden, deren höchste „über 7000 Euro“ lautet. Ob Steinbrück also für eine Rede 8000 oder 80.000 Euro kassiert hat, bleibt offen. Die Linkspartei spricht jedenfalls von „Fantasiehonoraren“.

Für einen Oppositionspolitiker ist ein direkter Interessenkonflikt auszuschließen. Zudem bestätigen Journalisten, dass Steinbrück vor Bankern kaum anders spricht als vor Genossen. Sie applaudieren ihm sogar, wenn er eine Kürzung ihrer Boni fordert. Die Regierungsparteien, die eine völlige Offenlegung fordern, blockieren selbst schärfere Transparenzbestimmungen. Warum also die Aufregung?

Einige Firmen waren unter dem Minister Steinbrück mit der Regierung gut im Geschäft. So die Rechtsanwälte von Freshfields, die das Gesetz zur Bankenrettung ausarbeiteten. Zudem ließ sich der Kanzlerkandidat seit einem Jahr als solcher handeln, womit das Interesse der Firmen an ihm naturgemäß stieg. Das alles habe ein „Geschmäckle“, meinen nun nicht nur viele Schwaben. Und die Ex-DDR-Zeitung „Neues Deutschland“ stöhnt, die SPD habe sich nach Schröder einen neuen „Genossen der Bosse“ eingehandelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2012)

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