Startschuss für Euro-Rettungsschirm ESM

EuroRettungsschirm startet heute
EuroRettungsschirm startet heute(c) REUTERS (� Kai Pfaffenbach / Reuters)
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Der Vorsitzende der Eurogruppe Juncker sprach von einem "historischen Meilenstein". Bei Griechenland zeigt die EZB Härte. Merkel reist nach Athen.

Der dauerhafte Europäische Rettungsschirm ESM wurde Montag nachmittag in Luxemburg offiziell gestartet. Der Gouverneursrat, dem die Euro-Finanzminister angehören, segneten den "Europäischen Währungsfonds" nun auch formal ab. Der ESM wird seinen Vorgänger EFSF ablösen. Allerdings laufen beide Schirme bis Mitte 2013 noch parallel, ehe der ESM allein das Ruder übernimmt. Der ESM verfügt über ein Stammkapital von 700 Milliarden Euro. Dieses teilt sich in 80 Milliarden Bareinzahlungen auf, die von den ESM-Ländern als Sicherheit nach und nach bis 2014 in den ESM-Kapitalstock einbezahlt werden müssen, sowie 620 Milliarden Euro an abrufbarem Kapital. Aufgrund der Sicherheiten kann der ESM bis zu 500 Milliarden Euro an Krisenstaaten ausleihen.

Der Vorsitzende der Eurogruppe - Jean-Claude Juncker - erklärte, es handle sich um einen "historischen Meilenstein". Die Eurozone sei damit krisensicherer geworden, aber es wäre falsch zu glauben, dass damit allein alle Probleme der Währungsunion im Handumdrehen gelöst seien.

Geleitet wird der ESM von einem Gouverneursrat, der sich aus den Finanzministern der Euro-Staaten zusammensetzt. Österreich ist durch VP-Ressortchefin Maria Fekter vertreten. Daneben gibt es ein Direktorium, Österreich hat Sektionschef Harald Waiglein entsandt. Geschäftsführender Direktor des ESM mit Sitz in Luxemburg ist der Deutsche Klaus Regling. Er ist bereits Chef des EFSF und damit bis Mitte nächsten Jahres Vorsitzender in beiden Rettungsschirmen.

Merkel in Athen

Am Dienstag reist Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Athen, um mit der Regierung von Antonis Samaras zu beraten, wie eine drohende Staatspleite Griechenlands abgewendet werden kann. Nachdem der ESM heute in Luxemburg aus der Taufe gehoben wurde, tagen auch die Euro-Finanzminister in der Stadt. Es geht neben Griechenland um Portugal, das ein Jahr mehr Zeit für die Budgetsanierung bekommen soll (mehr dazu ...). Über die Gespräche mit den internationalen Geldgebern verlautete in Athen, dass es Fortschritte, aber keine Einigung über neue Einsparungen gebe. Experten von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) - die sogenannte Troika - werden die Finanzminister über den Stand der Dinge informieren. Die EZB lehnt einseitige Hilfen für Griechenland ab.

Aus dem Umfeld der Troika sickerte durch, dass möglichst bis zum 15. Oktober die Verhandlungen abgeschlossen sein sollen. Die Hoffnung ist, dann beim EU-Gipfel am 18. und 19. Oktober in Brüssel zumindest "etwas Positives" vorzulegen. Bis Ende November soll die dringend benötigte Hilfstranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro freigeben werden. Nach Angaben von Samaras reicht das Geld in der Staatskasse noch bis dahin.

Griechenland: Fortschritte bei Sparprogramm

Die Gespräche mit der Troika gehen voraussichtlich an diesem Dienstag weiter, wie die Nachrichtenagentur dpa aus dem Finanzministerium in Athen erfuhr. Es gebe Fortschritte. "Dies aber bedeutet noch nicht, dass das Sparprogramm unter Dach und Fach ist", sagte eine Mitarbeiterin des Ministeriums am Sonntag.

Die bisherigen Verhandlungen seien "sehr gut und produktiv" verlaufen, erklärte IWF-Chefin Christine Lagarde nach Angaben ihres Büros in Washington im saudi-arabischen Riad.

7000 Polizisten für Merkel-Besuch

Mit massiven Sicherheitsvorkehrungen bereitet sich Athen unterdessen auf den Besuch der Bundeskanzlerin vor. 7000 Polizisten aus allen Teilen des Landes werden in der Hauptstadt zusammengezogen. Deutsche Einrichtungen wie die Botschaft und das Goethe-Institut werden nach Informationen griechischer Medien besonders geschützt. In der Bevölkerung kocht die Wut über die Sparauflagen, für die vor allem die Politik der Bundesregierung verantwortlich gemacht wird.

Die größten Gewerkschaften des Landes haben einen dreistündigen Streik mit einer Großdemonstration im Zentrum Athens angekündigt.

Vor der Reise Merkels warnten SPD und Grünen vor Überheblichkeit. Europarlamentspräsident Martin Schulz (SPD) ermahnte sie, nicht als "reicher Onkel" in Athen aufzutreten. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin forderte Merkel auf, den Griechen zu erklären, "dass sie auf dem harten, vor ihnen liegenden Weg auf die europäische Solidarität zählen können".

Schlechte Prognose für griechische Schulden

Nach einem Bericht der "Welt am Sonntag" droht Griechenland seine langfristigen Sanierungsziele zu verfehlen. "Die Griechen laufen auf einen Schuldenstand von 140 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 zu", schrieb die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Verhandler. Angepeilt sind 120 Prozent.

Trotzdem lehnt EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen Erleichterungen für Athen ab: "Wir können weder die Laufzeiten für griechische Anleihen verlängern noch die Zinsen senken." Es sei "kein Selbstläufer", dass Griechenland im November Geld erhalte. Asmussen sieht trotz der lockeren Geldpolitik in der Schuldenkrise keine Inflationsgefahr für die Eurozone. "Nach unseren Prognosen wird bereits im nächsten Jahr die Inflation wieder unter die 2-Prozent-Marke sinken", sagte er der "Bild am Sonntag".

(APA/dpa)

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