Massenandrang bei "Concordia"-Gerichtstermin mit Kapitän

Die Polizei vor dem Theater in Grosseto, wo der Prozess stattfindet.
Die Polizei vor dem Theater in Grosseto, wo der Prozess stattfindet.(c) REUTERS (GIAMPIERO SPOSITO)
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Zahlreiche Passagiere wollten dem Kapitän beim Prozess in die Augen schauen. Die Auswertung der Blackbox hat begonnen.

Der Kapitän der am 13. Jänner gekenterten Costa Concordia hat am Montag zusammen mit hunderten Passagieren und Angehörigen der Opfer des verunglückten Kreuzfahrtschiffes am Beweissicherungstermin zur Havarie im toskanischen Grosseto teilgenommen. Die Beweisaufnahme fand in einem Theater hinter verschlossenen Türen statt.

Dabei ging es um die Auswertung der Blackbox, sowie um die Ergebnisse eines umfangreichen Gutachtens über die Hintergründe des Unglücks. Über tausend Personen beteiligten sich an der Gerichtsverhandlung. "Wir wollen Schettino in die Augen blicken und sehen, wie er auf die Vorwürfe reagiert", sagte der 50-jährige Michael Liessen, der das Unglück überlebt hatte.

Nervöser Kapitän

Wie versteinert saß der 52-jährige Schettino zwischen seinen Rechtsanwälten und verfolgte die Verhandlung, bei der er sich nicht zu Wort melden durfte, berichteten Augenzeugen. Vor Beginn des Gerichtstermins näherte sich ihm ein Überlebender des Schiffsunglücks und schüttelte ihm die Hand. Die beiden tauschten einige Worte aus. "Schettino ist nervös, er kaut Nägel und spielt dauernd mit seinem Handy", berichtete eine deutsche Passagierin, die an der Gerichtsverhandlung teilnahm. Dem Unglückskapitän, der im Juli aus dem Hausarrest entlassen wurde, drohen wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung 15 Jahre Haft pro Todesopfer.

Der österreichische Vizepräsident der Costa Concordia-Betreiberfirma Costa Crociere, gegen den wegen des Verdachts der Beihilfe zur fahrlässigen Tötung ermittelt wird, nahm entgegen den Erwartungen nicht am Beweissicherungstermin teil. "Da seine Anwesenheit nicht notwendig ist, hat er beschlossen, heute nicht dabei zu sein", sagte seine Mailänder Rechtsanwältin Manuela Cigna im Gespräch mit der APA. Die ermittelnden Staatsanwälte werfen dem Oberösterreicher Mängel bei der Koordinierung der Rettungsaktion an Bord des Schiffes vor.

Großes Interesse von allen Seiten

Vor dem Theater in Grosseto kam es zu Beginn der Audienz zu einem Massenandrang: Rechtsanwälte, Experten und Journalisten versammelten sich vor dem Eingang. Auch mehrere Passagiere und Angehörige der Opfer waren anwesend. Auch Passagiere, die die Entschädigung der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere, Betreiber der Costa Concordia nicht angenommen haben, waren bei dem Termin dabei. "Gerechtigkeit für die Opfer und ihre Angehörigen!", war auf dem Plakat eines Passagiers zu lesen. Die Beweissicherung wird etwa acht Tage dauern.

In Grosseto traf auch Sergio Ortelli, Bürgermeister der Insel Giglio, ein, vor der das Schiff gekentert ist. Die Gemeinde Giglio nimmt als Zivilkläger am Prozess statt. Sie will eine Riesenentschädigung für das Unglück verlangen. "Wir sind dabei, die Schäden für die Insel zu beziffern, die durch das Concordia-Unglück entstanden sind", sagte der Rechtsanwalt der Gemeinde, Alessandro Lecci.

Beim Unglück vor der italienischen Insel Giglio war die Costa Concordia mit 4200 Passagieren und Crew-Mitgliedern an Bord gekentert, darunter 77 Österreicher. Mindestens 30 Menschen starben. Zwei gelten offiziell noch als vermisst

(APA)

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