Faymann-Flop: SPÖ in Selbstanalyse

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Warum strafte die Basis den Parteichef ab? In Kärnten und Vorarlberg sieht man den Grund dafür im U-Ausschuss. Schützenhilfe für den Kanzler kommt aus Wien.

Wien/Apa/Uw. Wie sich SPÖ-Chef Werner Faymann sein schlechtes Ergebnis (83,4 Prozent) beim Parteitag erklärt, weiß man: Die EU-Politik, der Fiskalpakt, seien der Grund. In der Partei selbst hingegen gibt es viele Erklärungen – je nachdem, wen beziehungsweise wo man fragt. Denn nicht alle sind so „fassungslos“ wie SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha.

In Kärnten und Vorarlberg ist man sich sicher: Es liegt am U-Ausschuss. Kärntens SPÖ-Chef Peter Kaiser und sein Vorarlberger Kollege Michael Ritsch sehen im Nichterscheinen des Bundeskanzlers den Grund für die Strafaktion an der Wahlurne. In den „Vorarlberger Nachrichten“ sagt Ritsch: „Das war ein klares Zeichen der Delegierten, dass sie mit der ganzen Abhandlung des U-Ausschusses einfach nicht einverstanden sind. Da gibt es nichts schönzureden.“

Häupl: Wehrpflicht nicht schuld

Michael Häupl wiederum beurteilt die ganze Angelegenheit milder und spricht von einem „durchaus akzeptablen Ergebnis“. In der Ursachenforschung ist er beim Kanzler. Er verweist auf Krisenmaßnahmen der EU, die für viele nicht nachvollziehbar seien: „Um Banken kümmern war schon notwendig, aber man hätte sich natürlich auch sehr viel mehr um die kleinen Leute kümmern müssen.“ Eine Mitschuld am Basisfrust – Stichwort: der verordnete Ideologie-Schwenk in der Heeresdebatte – weist der Wiener Bürgermeister von sich: Es gebe zwar ein Bedürfnis nach mehr Diskussion in der Partei, aber: „Die Wehrpflicht halte ich für kein gutes Beispiel“, so Häupl im „Ö1-Mittagsjournal“. Die Partei hätte mehr als zwei Jahre Zeit gehabt, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Er selbst habe sich im Wiener Wahlkampf zunächst gar nicht für ein Berufsheer, nur für eine Volksbefragung ausgesprochen. Eine Obmanndebatte sieht er nicht aufziehen: „Wir sind ja keine Selbstmörder.“

Aus Oberösterreich kommt indessen der Vorschlag, einen weiteren Parteitag noch vor der Nationalratswahl abzuhalten, „um Geschlossenheit zu demonstrieren“. Allerdings steht Obmann Josef Ackerl damit ziemlich allein da. Dass man „nicht zur Tagesordnung übergehen“ könne, findet jedoch auch Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ): Die Kritiker sollten sich outen und Änderungswünsche artikulieren. Ein Punkt, in dem sich von Wien bis Vorarlberg alle einig sind: Es müsse intern mehr geredet werden.

Ein anderer Vorschlag kommt aus der SPÖ-Bundesgeschäftsführung, wo man die Wurzel des Ärgers im Transparenzgesetz sieht, das kleine Ortspartei-Gruppen und parteinahe Organisationen mit bürokratischem Aufwand überfordere. Günther Kräuter schlägt vor, kleine Vorfeldorganisationen von der Registrierungspflicht von Spenden auszunehmen, sofern sichergestellt sei, dass von diesen zu den Landesparteien kein Geld fließe. Er denkt an eine Bagatellgrenze von 7000 Euro Jahresbudget.

Transparenz: Debatte um Novelle

Bei den anderen Parteien stößt er auf wenig Verständnis. Auch der Ex-Rechnungshof-Präsident und Beiratspräsident von Transparency International Österreich, Franz Fiedler, sagt zur „Presse“: „Für ein Nachjustieren des Gesetzes ist es zu früh, das kann man frühestens nach einem Jahr überlegen.“ Außerdem hoffe er, dass die Organisationen schon vor dem Transparenzgesetz die Spenden dokumentiert hätten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2012)

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