Abrechnung mit der Basis

Ratlos sind sie, die Genossen. Vielleicht sind manche einfach nur in der falschen Partei.

Tag drei nach dem SPÖ-Parteitag, der ein kraftvolles Zeichen der Einigkeit für den bevorstehenden Wahlkampf hätte setzen sollen: Noch immer sind die führenden Genossen ratlos, wie es geschehen konnte, dass der Vorsitzende von den Delegierten so abgestraft wurde. Vielfältige Erklärungen werden geboten: das Berufsheer, der Fiskalpakt, der U-Ausschuss, das Transparenzgesetz.

All das hat zweifellos dazu beigetragen. Das Hauptproblem der SPÖ – abgesehen vom weitgehend charismafreien Parteivorsitzenden – ist aber ein anderes. Die Welt, in der die Delegierten, die auf so einem Parteitag über ihre Führung befinden, leben, hat immer weniger mit der wirklichen Welt da draußen zu tun. Viele Funktionäre, ältere wie jüngere, hängen einer Ideologie nach, die schon früher mit der Realität nicht immer in Einklang zu bringen war und es in der heutigen Welt noch viel weniger ist.

Dass der kleine Arbeitnehmer kaum mit den immer gleichen Forderungen nach „Reichensteuern“ zu begeistern ist, wird sich spätestens dann zeigen, wenn in der Nachwahlanalyse ausgewiesen wird, wie viele Arbeiter Frank Stronach gewählt haben. Auch die Verklärung der Wehrpflicht, nur weil im 34er-Jahr Berufssoldaten auf Arbeiter geschossen haben, ist 78 Jahre später schwer nachvollziehbar. Und dass Budgetdisziplin – und damit auch der Fiskalpakt – unabdingbar ist, sollte eigentlich auch allen einleuchten. Tut es aber nicht.

Ja, die SPÖ hat ein Problem. Mit ihrer Basis.

oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2012)

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