Eurokrise: Schäuble will "Sparkommissar" einsetzen

German Finance Minister Schaeuble speaks during news conference in Berlin
German Finance Minister Schaeuble speaks during news conference in BerlinREUTERS
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Mit einer Vertragsänderung will der deutsche Finanzminister den Euro retten. Der EU-Währungskommissar soll nationale Budgets zurückweisen können.

Deutsche Medien sprechen bereits vom "Sparkommissar" oder dem "Euro-Alleinherrscher", der kriselnden EU-Mitgliedsländern bald das Fürchten lehren soll. Grund dafür ist ein Reformvorschlag des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble. Zentrale Forderung: Der EU-Währungskommissar soll künftig mehr Einfluss haben und gegebenenfalls sogar den Haushaltsentwurf eines Staates an das nationale Parlament zurückverweisen können. Um den Plan umzusetzen, müssen die EU-Verträge geändert werden. "Wir müssen jetzt einen großen Schritt in Richtung Fiskalunion gehen, der über die bisherigen Vorschläge hinausgeht", forderte Schäuble am Dienstag auf dem Rückflug aus Asien.

Mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel hat Schäuble über seine Vorschläge nach eigenen Angaben schon gesprochen. "Die Kanzlerin ist noch etwas vorsichtiger als ich", räumte er ein. In Sachen Griechenland dürfe es jedenfalls nicht wieder um eine Kurzzeit-Lösung gehen, so Schäuble. "Wir brauchen eine dauerhafte Lösung". Auf Kritik sowie Klagen vor dem deutschen Verfassungsgericht ist Schäuble eingestellt. Das sei kaum zu vermeiden, sagte er. "Meine Überlegungen gehen dahin: Europa ist kompliziert." Das müsse man ändern, damit das Vertrauen zurückgewonnen werden kann, sagt er.

Folgende Reformen will Schäuble angehen:

  • Zentrale Rolle für EU-Währungskommissar: Der Währungskommissar (derzeit: Olli Rehn) soll genauso mächtig werden wie der Wettbewerbskommissar. Dieser kann Entscheidungen treffen, ohne dafür die Zustimmung der anderen Kommissare einzuholen.
  • Einschnitte bei Haushaltssouveränität: Die Nationalstaaten sollen auf einen Teil ihrer Haushaltssouveränität verzichten. Der Währungskommissar soll das Recht erhalten, gegen die Budgets der Mitgliedsländer sein Veto einzulegen. Bei einem zu hohen Defizit muss das Parlament des Landes einen neuen Vorschlag ausarbeiten. Auch in Österreich gibt es Unterstützer dieses Vorschlags: Außenstaatssekretär Reinhold Lopatka trat bei seinem Amtsantritt im September für ein Vetorecht des Währungskommissars ein. Bislang kann die EU-Kommission einem Land nur empfehlen, seinen Haushalt nachzubessern.
  • EU-Parlament stärken: Das Parlament soll früher an allen wichtigen Prozessen beteiligt werden. Zudem soll es eine flexible Zusammensetzung geben: Es sollen also immer nur die Abgeordneten der Länder abstimmen, die von einer Entscheidung betroffen sind. Geht es um Themen der Eurozone, kommen entsprechend die Vertreter der 17 Länder der Währungsunion zusammen.

Konvent noch heuer?

Die Chancen für die Umsetzung des Masterplans stehen laut "Spiegel Online" nicht schlecht. Bereits beim EU-Gipfel in dieser Woche dürften die Reformvorschläge Schäubles eine Rolle spielen. Ende des Jahres könnte ein Konvent einberufen werden, in dem Abgeordnete des EU-Parlaments und der nationalen Volksvertretungen einen Vertragsentwurf erarbeiten, der anschließend von allen 27 Mitgliedstaaten ratifiziert werden müsste.

Selbst wenn das Verfahren optimal liefe, würde es wohl anderthalb Jahre dauern. Realistischer ist, dass die Änderungen frühestens Anfang 2015 in Kraft treten, schreibt "Spiegel Online". Falls einzelne Länder - zum Beispiel Großbritannien - einer Vertragsänderung nicht zustimmen, müssten die Regierungen der Eurozone ein separates Abkommen schließen.

"Wir haben bereits einen Super-Kommissar"

Die EU-Kommission hat indes zurückhaltend auf den Vorstoß des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble reagiert, den Posten des Brüsseler Währungskommissars zu stärken. "Wir haben bereits einen Super-Kommissar, der ein Super-Vizepräsident ist, er heißt Olli Rehn", sagte die Sprecherin von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso am Dienstag in Brüssel. Der Finne Rehn ist EU-Währungskommissar und gleichzeitig einer von Barrosos Stellvertretern.

Rehn habe bereits eine sehr wichtige Rolle, er genieße "viel Respekt", so die Sprecherin. Sie verwies auch auf den Beitrag der Kommission zur Reform der Eurozone. Barroso hatte beim "Reform-Zwischenbericht" für den Gipfel in dieser Woche (18./19. Oktober) mitgearbeitet.

(Red./APA/dpa/Reuters)

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