Merkel: "Euro ist weit mehr als eine Währung"

Merkel Euro weit mehr
Merkel Euro weit mehr(c) AP (Michael Sohn)
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Der Euro stehe für die Einigung Europas, sagt die deutsche Kanzlerin. SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück wirft ihr eine einseitige Krisentherapie vor: "Sparen, sparen, sparen".

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor dem EU-Gipfel in Brüssel zu weiteren Anstrengungen zur Überwindung der Euro-Krise aufgerufen. Der Euro sei "weit mehr als eine Währung", sagte Merkel am Donnerstag in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag in Berlin. "Dieser Euro steht symbolhaft für die wirtschaftliche, soziale und politische Einigung Europas."

Das bevorstehende Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs werde gewiss nicht der letzte Krisengipfel sein. Zugleich gelte aber auch: "Manches ist bereits geschafft. Wir können die Konturen einer Stabilitätsunion bereits deutlich erkennen."

"Griechen sollen im Euroraum bleiben"

Merkel bekräftigte das Ziel, Griechenland trotz aller Schwierigkeiten im Euro zu halten. "Ich wünsche mir, dass Griechenland im Euroraum bleibt." Dies sei nicht nur im Interesse Athens, sondern der gesamten Eurozone und der Europäischen Union. Merkel verwies darauf, dass unerledigte Reformen und Fortschritte in Griechenland zwei Seiten einer Medaille seien.

"In Athen, in der griechischen Regierung, bei vielen in Wirtschaft und Gesellschaft erlebe ich einen ernsten Willen zur Veränderung", sagte die Kanzlerin. Zugleich gingen strukturelle Veränderungen oft nur im Schneckentempo voran.

Warnung vor überhasteten Entscheidungen

Merkel warnte in der europäischen Debatte über eine Konzentration der Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB) vor überhasteten Entscheidungen. Qualität müsse vor Schnelligkeit gehen, sagte sie. Die komplexen Fragen müssten gut gelöst werden, sonst sei kein Fortschritt erreichbar. Nach den Vorstellungen der EU-Kommission soll die EZB bereits ab dem kommenden Jahr schrittweise die Bankenaufsicht übernehmen. In der Bundesregierung gilt dieser Zeitplan als unrealistisch.

Die gemeinsame Aufsicht ist auch Voraussetzung dafür, dass der Euro-Rettungsschirm ESM Banken direkt rekapitalisieren kann. Merkel sagte dazu: "Der bloße Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens reicht dafür nicht aus." Die neue Bankenaufsicht müsse auch effektiv arbeitsfähig sein.

Mehr Rechte für EU-Währungskommissar denkbar

Bei der Kontrolle der nationalen Haushalte nannte Merkel mehr Rechte des EU-Währungskommissars denkbar. Die EU sollte echte Durchgriffsrechte gegenüber nationalen Haushalten bekommen, wenn die Vorgaben der EU nicht eingehalten würden. Eine gemeinsame Schuldenhaftung wäre dagegen ein Irrweg.

Zudem schlug die Kanzlerin einen neuen Fonds vor, der Reformen finanziell unterstützen soll. Dieser könnte mit den Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer gespeist werden. Das wäre ein Anreiz, dass noch mehr Länder bei Steuer mitmachen. An dem Fonds sollten sich auch EU-Länder beteiligen können, die nicht den Euro eingeführt haben, wenn sie verbindliche Reformabsprachen mit der EU-Kommission abgeschlossen hätten.

"Einseitige Therapie: Sparen, sparen, sparen"

Indes hat der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück Merkel unzureichende Antworten auf die Euro-Schuldenkrise vorgehalten. "Aus einer einseitigen Krisenanalyse folgt eine einseitige Therapie: Sparen, sparen, sparen", sagte Steinbrück am Donnerstag im Bundestag.

Nötig sei ein echter Wachstums- und Beschäftigungspakt für Europa. Denn in Krisenländern gelte: "Not zerstört Demokratie." Erforderlich sei außerdem eine wirksame Banken- und Finanzmarktregulierung. Zur geplanten Bankenunion müsse ein Fonds zur Rekapitalisierung von Instituten gehören. Dieser solle aber nicht von den Steuerzahlern, sondern der Branche selbst gespeist werden.

(APA/dpa/Reuters)

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