EU-Mitgliedschaft nach Loslösung oder Teilung nicht mehr gültig

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EU-Flaggedpa/Horst Ossinger
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Ein neu gegründeter Staat muss einen eigenen Antrag auf Mitgliedschaft stellen, sagt Europarechtler Walter Obwexer.

Wien/Brüssel/Aga. Ist ein aus einem bestehenden EU-Mitglied durch Abspaltung hervorgehender, neuer Staat automatisch auch Teil der Europäischen Union? Die EU-Verträge regeln ein solches Szenario zwar nicht. „Allein die völkerrechtlichen Grundsätze gebieten aber, dass jeder neu gegründete Staat einen eigenen Antrag auf Mitgliedschaft stellen muss“, erklärt Europarechtler Walter Obwexer.

Sollte sich die schottische Bevölkerung bei einer Volksabstimmung also für die Unabhängigkeit von Großbritannien entscheiden, wäre Schottland nicht länger EU-Mitglied und müsste den gesamten Beitrittsprozess inklusive der langwierigen Ratifikation aller nationalen Parlamente (erneut) durchlaufen. Lediglich das sogenannte „Screening“ – also die regelmäßige Überprüfung des EU-Anwärters in Bezug auf die tatsächliche Beitrittsreife – würde dann wohl wegfallen, meint Obwexer.

Der Beitrittsprozess könnte sich jedoch für jene Regionen, die sich gegen den Willen der Regierung des betreffenden Mitgliedstaates abspalten wollen, gehörig in die Länge ziehen. „Es ist gut möglich, dass Madrid im Falle der Abspaltung des Baskenlandes dessen Antrag auf Mitgliedschaft auch gegen den Druck anderer Länder für mehrere Jahre hinauszögern würde,“ gibt der Europarechtler zu bedenken. Die Blockade durch die jeweilige Regierung wäre für einen neu gegründeten Staat also der größte Stolperstein auf dem Weg zurück in die EU.

„Jeden Fall getrennt beurteilen“

Die Kommission will die Frage nach der EU-Zugehörigkeit eines von einem Mitgliedstaat losgelösten, neuen Staats indes nicht eindeutig beantworten: „Man muss stets den konkreten Fall beurteilen, das ist aus den Verträgen nicht direkt ableitbar“, sagte ein Sprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2012)

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