Beirut: Tausende bei Beerdigung al-Hassans

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Der Geheimdienstchef Wissam al-Hassan starb bei einem Bombenanschlag am Freitag. Die libanesische Armee hat die Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft.

Tausende Libanesen aus allen Landesteilen strömen seit Sonntagmorgen in die Hauptstadt Beirut, um den bei einem Bombenanschlag getöteten Geheimdienstchef Wissam al-Hassan zu Grabe zu tragen. Viele der schwarz gekleideten Menschen trugen Bilder des hochrangigen Funktionärs bei sich und riefen auf ihrem Weg in die Innenstadt anti-syrische Parolen. Dort sollte am Nachmittag die Beerdigung stattfinden. Die libanesische Armee hatte die Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft.

Bei der Explosion einer Autobombe im christlichen Viertel Ashrafiyeh waren am Freitag acht Menschen getötet und mehr als 80 verletzt worden. Nach Ansicht von Beobachtern galt der Anschlag General al-Hassan, ein Sunnit und hochrangiger Funktionär des libanesischen Geheimdienstes, der der anti-syrischen Zukunftsbewegung des Oppositionspolitikers Saad Hariri nahestand. Viele sehen die Verantwortlichen für den Anschlag daher in Damaskus.

Das Attentat gefährdet den brüchigen Frieden im Libanon. Am Samstag hatte es vor allem in den von Sunniten dominierten Regionen Massenproteste gegeben. Die Demonstranten forderten Ministerpräsident Najib Mikati zum Rücktritt auf.

Demonstranten wollten Sitz des libanesischen Premiers stürmen

Auch Zwischenfälle ereigneten sich: Wütende Demonstranten haben am Sonntag versucht, den Sitz des libanesischen Premierministers Najib Mikati zu stürmen. Nachdem sie die äußerste Zugangsbarriere durchbrochen hatten, hinderte sie die Polizei jedoch mit Tränengas daran, ins Innere des Gebäudes vorzudringen. Auch zahlreiche Schüsse waren im Zentrum Beiruts zu hören.

Die Sicherheitskräfte geben jedoch an, lediglich in die Luft geschossen zu haben. Berichte über Verletzte gab es vorerst nicht, mindestens zwei Personen sollen jedoch durch das Tränengas ohnmächtig geworden sein.

Syrien wird beschuldigt

Noch bevor der Tod von Al-Hassan bekannt wurde, suchten viele Libanesen die Schuldigen in Damaskus, da sich die Explosion nur wenige Meter entfernt von einem Büro der oppositionellen Bewegung 14. März ereignete. Die Parteien der Bewegung 14. März sind Gegner der Regierungskoalition, die von der mit Syrien verbündeten Schiiten-Partei Hisbollah dominiert wird.

Die syrische Regierung wies jede Verantwortung von sich. Schon wenige Minuten nach dem Anschlag im Nachbarland verurteilte Informationsminister Omran al-Soabi den Anschlag als "feigen Akt des Terrorismus".

 Der Libanon war zwischen 2004 und 2008 von einer Serie von Sprengstoffanschlägen erschüttert worden. Schon damals kam der Verdacht auf, das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad könnte an der Planung der Attentate beteiligt gewesen sein.
Anschlag von USA und UNO verurteilt

Die USA und die UNO haben den Anschlag als "abscheuliche Attacke" scharf verurteilt.

 "Es gibt keine Rechtfertigung dafür, einen Mordanschlag als politisches Werkzeug zu nutzen", sagte Tommy Vietor, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates in Washington. Die USA würde der libanesischen Regierung zur Seite stehen, während sie die Verantwortlichen für die "barbarische" Tat mit acht Toten zu Verantwortung zöge. Vietor betonte, dass die Sicherheit des Landes sehr bedeutend für die Stabilität in der Region sei.

Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte den Anschlag. Das Attentat müsste gründlich aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Ban am Freitag in New York in einer Mitteilung. Er rief alle Beteiligten im Libanon auf, sich von dem "abscheulichen Terrorakt" nicht provozieren zu lassen.

Der UNO-Sicherheitsrat sprach in einer einstimmig von allen 15 Mitgliedern des Rates verabschiedeten Erklärung von einer "abscheulichen Tat". Die Bevölkerung des Libanon solle sich nicht darin beirren lassen, die Einheit des Landes und die Stabilität zu wahren.

Libanons Ministerpräsident Najib Mikati berief den Sicherheitsrat des Landes ein und ordnete für diesen Samstag einen Tag der Trauer an. Al-Hassan war schon Sicherheitschef unter Rafik Hariri, der 2005 bei einem Autobombenanschlag getötet wurde.

(APA)

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