Kapitän Francesco Schettino verließ das Schiff, als noch 80 Kinder und Senioren an Bord waren. Hat er die Umstände an Bord verschleiert? Die Verteidiger bestreiten, dass er freiwillig das Schiff verlassen habe.
Grosetto/Apa. Im Beweisverfahren zur Havarie des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia verhärteten sich die Vorwürfe gegen Kapitän Francesco Schettino. Nach Angaben der Hafenbehörde der toskanischen Stadt Livorno hatte der Kapitän beim Verlassen des Schiffes mindestens 80 Kinder und Pensionisten zurückgelassen. Schettino wird fahrlässige Tötung, Schuld am Auflaufen des Schiffes und das zu frühe Verlassen der Costa Concordia während der Evakuierung zur Last gelegt. Außerdem warf die Hafenbehörde dem Kapitän vor, in der Unglücksnacht die wahren Zustände an Bord verschleiert zu haben.
Die Verteidiger des Kapitäns bestreiten, dass Schettino freiwillig das Schiff verlassen habe. Sie behaupten, er sei wegen einer Reihe von Umständen gezwungen gewesen, von Bord zu gehen.
Nach dem Ende der Beweisaufnahme erklärte der leitende Staatsanwalt Francesco Verusio in der Nacht auf Samstag, die Verantwortung des Kapitäns für den Unfall vom Jänner mit 32 Toten habe sich voll bestätigt. Die Verteidigung sieht hingegen Schettino entlastet. Sie führte Verständigungsprobleme zwischen dem indonesischen Steuermann und der Küstenwache ins Treffen.
Der Prozess dürfte frühestens 2013 beginnen. Ermittelt wird gegen Kapitän Schettino und mindestens neun weitere Personen – andere führende Mitglieder der Besatzung und gegen die Reederei.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2012)