Die Europäische Union macht nur Fortschritte bei gemeinsamen Standards.
Wien. Die Umbrüche in den arabischen Ländern haben im vergangenen Jahr die Flüchtlingsströme in Richtung Südeuropa verschoben. Mitteleuropäische Länder wie Österreich sind nicht mehr hauptbetroffen. Mit 1715 Asylwerbern pro Million Einwohner liegt Österreich mittlerweile auf Platz sechs der EU-Mitgliedsländer. In Malta kommen mittlerweile 4525, in Zypern 2200 Asylwerber auf eine Million Einwohner. Bei absoluten Zahlen liegt Frankreich mit 56.250 Aslywerbern pro Jahr vor Deutschland und Italien an der Spitze.
Die EU-Staaten haben sich zwar 2004 im sogenannten „Haager Programm“ prinzipiell für eine Lastenteilung ausgesprochen. Doch sperren sich zahlreiche Länder – darunter auch Österreich und Deutschland – dagegen. Das Innenministerium argumentiert, dass Österreich während der Balkan-Kriege, als es selbst hauptbetroffen war, auch keine Unterstützung erhalten habe.
Erste Fortschritte gibt es nur bei gemeinsamen europäischen Standards im Asylverfahren. Erst kürzlich wurde im Europaparlament eine Einigung über eine Reform des „Dubliner Abkommens“ erzielt. Das Abkommen verpflichtet jenes EU-Land, ein Asylverfahren durchzuführen, in dem Flüchtlinge zuerst um Aufnahme angesucht haben. Die neue Regelung soll die Zurückweisung von Flüchtlingen in das Erstaufnahmeland beschleunigen und stellt klar, dass Asylwerber nicht in ein Land abgeschoben werden dürfen, in dem es „systematische Fehler“ in den Anerkennungsverfahren gibt. Auch sollen Asylwerber, deren Verfahren länger als neun Monate dauert, die Möglichkeit bekommen, eine Arbeit aufzunehmen.
Die Lastenaufteilung wurde zwar zuletzt von Italien gefordert. Grund war ein Massenansturm auf die Insel Lampedusa. Aber selbst für Länder wie Frankreich, die aktuell einen starken Zustrom von Asylwerbern verzeichnen, hat das derzeit keine Priorität.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2012)