Keine Waffenruhe in Syrien - Gefechte nahe der Türkei

Keine Waffenruhe in Syrien - Gefechte nahe der Türkei
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Der Gefechtslärm ist von der Türkei aus zu hören. In Damaskus wurden drei Menschen erschossen. Beide Seiten fühle sich nicht an die Waffenruhe gebunden.

Regierungstruppen und Rebellen in Syrien haben sich in der Nähe der Grenze zur Türkei am Freitag trotz der vereinbarten Waffenruhe laut Medienberichten weiter Kämpfe geliefert. Der Gefechtslärm aus Syrien sei am Vormittag in der türkischen Grenzprovinz Hatay zu hören gewesen, meldete der türkische Nachrichtensender NTV. Außenminister Ahmet Davutoglu erklärte unterdessen, er hoffe, dass die vom internationalen Syrien-Vermittler Lakhdar Brahimi ausgehandelte Waffenruhe den Beginn einer neuen Phase in Syrien einläute.

Beide Seiten im Syrien-Konflikt hatten vor Inkrafttreten der viertägigen Waffenruhe aus Anlass des muslimischen Opferfestes angekündigt, sie fühlten sich nicht an die Vereinbarung gebunden, wenn die jeweilige Gegenseite weiter angreife oder die Kampfpause für Verstärkungen und andere militärische Vorbereitungen nutze. Bisherige Versuche, in Syrien eine Waffenruhe durchzusetzen, waren seit Ausbruch der Unruhen im März 2011 immer wieder gescheitert.

Tote in Damaskus

In der syrischen Hauptstadt Damaskus wurden drei Menschen von Heckenschützen getötet. Unter den Kämpfern in der nördlichen Region Idlib im Norden des Landes sollen unterdessen auch Anhänger der Terrorgruppe Al-Nusra-Front sein, die die Waffenruhe ablehnen. Die Gefechte hätten in der Nähe des Militärstützpunkts Wadi al-Deif begonnen, wie die in London ansässigen Menschenrechtsbeobachter am Freitag mitteilten.

Die Truppen von Präsident Bashar al-Assad hätten zudem ein Dorf in der Nähe mit Artillerie beschossen. Die Angaben aus Syrien können kaum überprüft werden, weil Journalisten der Zugang weitgehend versperrt ist.

Schüsse auf Demonstranten

Es gibt auch Berichte, dass syrische Sicherheitskräfte das Feuer auf Demonstranten eröffnet hätten. Nach Oppositionsangaben wurden drei Menschen verletzt.. Der Zwischenfall habe sich in der Provinz Deraa ereignet, teilte die Syrische Beobachterstelle für Menschenrechte mit. Die Sicherheitskräfte hätten eine Demonstration auflösen wollen. Die Proteste in mehreren Städten der südlichen Provinz hätten nach den Morgengebeten begonnen. Die Menschen seien durch Schüsse getroffen worden, als sie die Moschee verlassen hätten.

In der Nacht auf Freitag war es in der Metropole Aleppo zu Gefechten zwischen Einheiten von Machthaber Bashar al-Assad und Rebellen gekommen. Nach mehreren Rebellen-Gruppen hatten auch die Streitkräfte am Donnerstag einem Vorschlag des UNO-Sonderbeauftragten Lakhdar Brahimi zugestimmt, zum Opferfest der Muslime die Waffen von Freitag bis Montag schweigen zu lassen. Es gibt allerdings Zweifel an der Wirksamkeit des Abkommens, weil sich beide Bürgerkriegsparteien Reaktionen auf Schritte der Gegenseite vorbehalten. Außerdem fühlen sich nicht alle Oppositionsgruppen an die Waffenruhe gebunden.

USA von vornherein skeptisch

Die USA hatten sich schon im Vorfeld skeptisch über die vereinbarte Waffenruhe geäußert. Das syrische Regime habe bisher nicht bewiesen, dass es sich an Abmachungen halte, sagte Außenamtssprecherin Victoria Nuland am Donnerstag in Washington. Man sei zwar froh über jeden Tag, an dem eine Feuerpause in dem Land herrsche, da dies "den Raum dafür öffnet, weiter am (politischen) Übergang zu arbeiten". Aber im Laufe des vergangenen Jahres sei klar geworden, dass "das syrische Regime gut darin ist, Versprechen zu machen, aber weniger gut darin, sich an sie zu halten", sagte Nuland.

Die UNO-Vetomacht Russland, ein enger Verbündeter des Assad-Regimes, nannte die angekündigte Waffenruhe vor deren Inkrafttreten "fundamental wichtig". Dies eröffne die Möglichkeit einer politischen Lösung, teilte der Sprecher des Außenministeriums, Alexander Lukaschewitsch, am Donnerstagabend in Moskau mit. Russland hatte gehofft, dass die Muslime in Syrien das bevorstehende Opferfest ohne Angst um ihr Leben oder das ihrer Familie begehen könnten. Das stellte sich als Fehleinschätzung heraus.

Islamisten lehnen Waffenruhe ab

Radikale Islamisten in Syrien halten allerdings wenig von der Initiative. Die Terrorgruppe Al-Nusra-Front hat schon vor der Waffenruhes angekündigt, dass für sie eine Vereinbarung mit dem Assad-Regime nicht gelte. Die Gruppe hatte sich bereits mehrmals zu Bombenanschlägen gegen das Regime bekannt.

Am Vorabend der Waffenruhe hatten sich Regierungstruppen und Rebellen noch heftige Gefechte geliefert. Aktivisten meldeten mehr als 100 Tote. Sowohl die staatliche Nachrichtenagentur Sana als auch Oppositionelle berichteten über Kämpfe im Großraum Damaskus, in Aleppo und Idlib. Meldungen aus Syrien sind wegen der Medienblockade von unabhängiger Seite nur schwer zu überprüfen.

USA streiten Waffenlieferungen ab

Die US-Regierung hat unterdessen auch Vorwürfen Russlands widersprochen, wonach die USA Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen koordinieren. Nuland, bezeichnete die Anschuldigungen als "lächerlich". Russland ist der wichtigste Verbündete der syrischen Führung. Die USA, die Türkei und Saudi-Arabien unterstützen an vorderster Front die Rebellen. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen in Washington, Peking und Moskau verhinderten während der gesamten Dauer des Konfliktes ein entschlossenes Vorgehen im UNO-Sicherheitsrat zu seiner Eindämmung.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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