In letzter Sekunde rettete sich das EU-Parlament vor der Peinlichkeit, Irans Regime mit einem Besuch zu belohnen.
Da hatte das EU-Parlament (sorry, fünf Euro fürs Phrasenschwein) mehr Glück als Verstand: Denn von übermäßigem Verstand hätte es nicht gezeugt, wären zwei Wochen nach der Verschärfung der EU-Sanktionen gegen den Iran sieben EU-Parlamentarier nach Teheran gereist, um mit allem zu plaudern, was im Regime unterhalb von Präsident und Religiösem Führer Rang und Namen hat.
Ja, die Reise wäre völlig legal gewesen – doch nicht alles, was erlaubt ist, ist auch opportun. Der einzige Gewinner wäre Teherans Regime gewesen, das seine Propagandablätter mit schönen Fotos vom Besuch der „hochrangigen EU-Delegation“ hätte zieren können. Von wegen isoliert!
Mit quietschenden Reifen hat das EU-Parlament doch noch die Kurve gekratzt: Die Abgeordneten saßen auf gepackten Koffern, als ihnen der Sacharow-Preis in den Schoß fiel, den das EU-Parlament am vergangenen Freitag an zwei iranische politische Häftlinge verlieh. Leider, leider habe man die Reise absagen müssen, da der Iran einen Besuch bei den Preisträgern nicht gestattet habe. Was natürlich völlig überraschend war.
Fragt sich, was erschütternder ist: die Heuchelei, mit der nun behauptet wird, die Absage zeige „die Wichtigkeit der Menschenrechte für die EU“ (SPÖ-Mann Josef Weidenholzer), oder die zur Schau gestellte Naivität, sieben EU-Abgeordnete könnten in dem Atomstreit mit Teheran auch nur das Geringste bewirken?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2012)