Der Wiener Friedhof als Naherholungsgebiet

(c) Clemens Fabry
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Immer mehr Spaziergänger und Sportler nutzen die Friedhöfe als Sportplatz und Erholungsort. Die Friedhöfe Wien wollen das Angebot nun ausbauen – und dabei auch noch tierfreundlicher werden.

Wien/duö. Die Wiener Friedhöfe sollen mehr sein als nur ein Ort für die letzte Ruhestätte: Sie sollen den Lebenden auch als Erholungsort dienen. Friedhöfe und Bestattung Wien wollen künftig eine sanfte „Mitnutzung“ fördern. Die findet ohnehin bereits statt: Spaziergänger und Nordic Walker sind kein seltener Anblick mehr, selbst Laufparcours führen durch manche Friedhöfe, wie Markus Pinter, Geschäftsführer der Friedhöfe Wien, schildert.

Erst im vergangenen Jahr wurde auf dem Zentralfriedhof der „Park der Ruhe und Kraft“ eröffnet (Gruppe 23, Tor 3), ein Bereich, der auch dazu dienen soll, Trauer abzuladen. Mit ein Grund für den Zusatznutzen der Friedhöfe sei auch, „dass es dort keine Hunde gibt“, so Pinter. Wobei, die Friedhöfe sollen eigentlich auch bewusst tierfreundlicher werden. Auf dem Friedhof Neustift etwa wurden Fledermausnester angelegt, auf dem Zentralfriedhof ein Biotop – aber Hunde sind nach wie vor nicht erlaubt. Sie graben bekanntlich gerne, „und da wollen wir nicht“, sagt Pinter, „dass Dinge zum Vorschein kommen, die vergraben bleiben sollen.“

Trend: Alternative Bestattungen

Ein gezielter Ausbau dieser Zusatzleistungen ist nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschers Peter Hajek auch im Sinne der Friedhofsbesucher. Auf einer Skala von eins (nicht wichtig) bis zehn (sehr wichtig) steht der Wunsch, dass der Friedhof auch ein Lebensraum für Tiere sein soll, auf 7,8 – und dass der Friedhof als Erholungsort dienen soll auf 6,2.

Noch mehr Wiener (8,5) wünschen sich, dass sich die Friedhöfe um die Erhaltung des kulturellen Erbes und der Baudenkmäler kümmern sollen. Auch hier habe man bereits „sehr viel Geld“ in die Instandhaltung der unter Denkmalschutz stehenden Denkmäler investiert, wie Pinter sagt.

Naturnähe – ein Trend, der auch nach dem Tod wirken soll, wie Hajek ebenfalls ausmachen konnte. Demnach können sich 18 Prozent der 800 Befragten „sicher“ und 16 Prozent „eher“ eine alternative Bestattung (z. B. eine Feuer- oder Baumbestattung) vorstellen. Bei einer Umfrage vor sechs Jahren waren es noch sechs bzw. 12 Prozent. Dazu gehört auch die Nutzung von biologisch abbaubaren Urnen, die die Bestattung neu in ihr Sortiment aufgenommen hat. Sie bestehen aus Holz (mit Pinseln und Stiften kann die Urne selbst gestaltet werden), sind mit (ebenfalls ökologisch verträglichen) Swarovski-Kristallen besetzt oder sind in Kombination mit einer Halskette zu bekommen: Die Urne sowie die Kette sind mit einem „Kraftstein Tigerauge“ besetzt, was Verbundenheit über den Tod signalisieren soll.

Neuer Friedhofsnavigator

Nach Hajeks Umfrage besuchen 37 Prozent der Wiener regelmäßig einen Friedhof. Jene, die verstorbene Angehörige seltener besuchen, müssen öfter nach dem Grab suchen – das betrifft rund 30 Prozent der Wiener. Daher wurde die Webseite www.friedhoefewien.at um einen Service erweitert: Bisher konnten hier Verstorbene nach Eingabe des Namens ausfindig gemacht werden, so wie auch der Friedhof, auf dem sie begraben sind (alle Wiener Grabstellen, die belegt sind, werden hier erfasst). Nun zeigt auch ein Friedhofsnavigator den genauen Standort des Grabes mittels eines Karten- oder Satellitenbildes – speziell gedacht für das Abrufen per Smartphone.

Ab 2013 soll der Navigator Besuchern direkt auf dem Friedhof die richtige Richtung weisen – so wie bereits im Auto gewohnt: „Bei der nächsten Biegung rechts“.

Auf einen Blick

Umfrage. Laut Meinungsforscher Peter Hajek besucht ein Prozent der Wiener täglich, besuchen elf Prozent wöchentlich und 25 Prozent einmal monatlich einen Friedhof. Zudem können sich immer mehr Wiener eine alternative Bestattung vorstellen: 18 Prozent „sicher“, 16 Prozent „eher“ (vor sechs Jahren waren es noch sechs und zwölf Prozent). Auch eine „Zusatznutzung“ der Friedhöfe wird größtenteils befürwortet: als Erholungsgebiet und als Lebensraum für Tiere.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2012)

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