RH zum Hauptbahnhof: „Unausgereifte Planungen“

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Die ÖBB weisen Kritik an der Kostenexplosion beim Bau des Hauptbahnhofs zurück. Dabei bemängelte 2010 schon der Rechnungshof deren Planungen. Seither stiegen die Kosten erneut.

Wien. Mit einer geschätzten Bausumme von 422 Mio. Euro wurde 2003 bei Österreichs Steuerzahlern für den Bau des neuen Wiener Hauptbahnhofs geworben. Nun sollen es zumindest 1,001 Milliarden Euro werden („Die Presse“ berichtete). Laufende Vergrößerungen des Projekts machten es möglich. Und ein Blick in den Bauakt des Projektes zeigt: Schon vor über zwei Jahren hatte der Rechnungshof vor diesem Szenario gewarnt.

Obwohl die ÖBB die Zahlen an sich bestätigen, weisen sie Kritik an der Kostenexplosion als „oberflächlich“ und „falsch“ zurück. Zum einen habe man nicht auf das Ausweisen der Umsatzsteuer vergessen. Die Bahn dürfe diese nämlich im Sinne des Vorsteuerabzugs gegenverrechnen.

>> Der Rechungshofbericht als PDF

Und: Die Summe von 422 Mio. Euro, mit der das Megaprojekt sozusagen auf Schiene gebracht worden war, sei lediglich die Schätzung für ein „Vorprojekt“ gewesen, das mit dem Bauwerk, das derzeit auf dem Gelände des alten Südbahnhofs entsteht, wenig zu tun habe. Die ÖBB berufen sich dabei auf einen Bericht des Rechnungshofes aus dem Frühling 2010.

Wer das 140 Seiten starke Dokument aus den Archiven holt, kann darin allerdings nachlesen, dass die Prüfer des Bundes die umfangreichen Änderungen des Bahnhofes nicht positiv, sondern – Zitat – „äußerst kritisch“ bewerten. Und das, obwohl die Autoren des Berichtes ihr Verständnis für die „komplexe Aufgabenstellung“ des Großvorhabens sogar schriftlich festhielten.

Bund übernimmt Haftungen

Trotzdem: Den Anstieg der Schätzkosten von 422 auf damals noch 784 Millionen Euro interpretierte der Rechnungshof schon 2010 so, „dass unausgereifte Planungen die Basis für grundlegende Vereinbarungen über die im Rahmenplan enthaltenen Infrastrukturprojekte bildeten“. Anders formuliert bedeutet das, dass die ÖBB nach Ansicht der Kontrolleure Großprojekte auch ohne Baubeschlüsse faktisch in die Wege leiteten, ohne auch nur ungefähr zu wissen, wie viel sie am Ende den Steuerzahler kosten würden.

Immerhin übernimmt der Bund nach § 47 Bundesbahngesetz dafür auch die Haftungen. Zum Zeitpunkt des Rechnungshofberichtes betrugen diese 2,4 Mrd. Euro an Kapital sowie 2,4 Mrd. Euro an Zinsen und Kosten.

Die ÖBB rechtfertigten sich schon damals damit, dass mit den Kosten von 422 Mio. Euro aus dem Rahmenplan 2005 ein „wesentlich kleineres Projekt grob abgeschätzt“ worden sei.

Und dennoch verblieben die RH-Prüfer ausdrücklich bei ihrer Kritik. Stellenweise verschärften sie sie sogar. Die Vergrößerung des Vorhabens sei nämlich nicht immer unmittelbar mit dem Kernprojekt, dem Bau eines Durchgangsbahnhofs, in Zusammenhang gestanden und dafür verantwortlich, dass die Kosten stiegen. Auf Amtsdeutsch las sich das dann so: „Die Zusammenfassung von Infrastruktur– und Absatzanlagen sowie Immobilienprojekten in einem Gesamtprojekt – mit jeweils unterschiedlichen Finanzierungsträgern – verstärkte die Gefahr von fehlerhaften Kostenzuordnungen und von Kostenerhöhungen durch terminliche Abhängigkeiten.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2012)

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