Bürgermeister Michael Bloomberg empfiehlt schweren Herzens die Wahl Barack Obamas. Hurrikan Sandy erleichterte ihm die Entscheidung. Die Republikaner negieren generell den Umwelteinfluss aufs Klima.
Washington. Michael Bloomberg hat es also doch getan. Eigentlich wollte sich der New Yorker Bürgermeister ja nicht öffentlich über die Präsidentenwahl äußern. Doch die von Hurrikan Sandy ausgelöste Naturkatastrophe in New York und dem Umland hat seine Meinung über den Haufen geschmissen.
„Das Klima ändert sich“, schreibt er in einem Kommentar in der eigenen Nachrichtenagentur „Bloomberg News“, die ihn zum 25-fachen Milliardär gemacht hat. Und weil sich Präsident Barack Obama zumindest für Maßnahmen eingesetzt habe, um den Klimawandel einzudämmen, gab Bloomberg nun doch eine Wahlempfehlung für Obama ab. Generell negieren die Republikaner den Umwelteinfluss aufs Klima.
Beide Kandidaten hatten um seine Unterstützung gebuhlt. Im Weißen Haus ging lange die Angst um, Bloomberg könnte in letzter Minute als unabhängiger Kandidat in den Wahlkampf ziehen und den Präsidenten den Sieg kosten – wie der texanische Milliardär Ross Perot, der vor 20 Jahren die Wiederwahl George Bushs verhindert hat.
Bloomberg zeigte sich enttäuscht von der Bilanz der ersten Amtszeit Obamas, insbesondere in der Frage der Waffenkontrolle. Zugleich würdigte er dessen Engagement für die Homosexuellen-Ehe. „Ich hätte womöglich auch den Mitt Romney von 1994 oder von 2003 gewählt“, notiert er. Der republikanische Kandidat habe allerdings seine moderaten Ansichten von einst über Bord geworfen. Beide Präsidentschaftsbewerber, moniert er, hätten sich im Wahlkampf nicht den dringenden Fragen gestellt.
Kritik aus dem „vergessenen Bezirk“
Um seinen Einfluss geltend zu machen, lancierte Bloomberg jüngst seinen eigenen Super-PAC, ein Aktionskomitee zur Unterstützung politischer Kandidaten. Der 70-jährige Bloomberg war den Großteil seines Lebens als Demokrat registriert, bis er 2001 ins Lager der Republikaner wechselte, um in New York für das Bürgermeisteramt antreten zu können. Dadurch umging er das Nominierungs-Procedere bei den Demokraten samt Vorwahlen. Vor seiner Wiederwahl 2009, seiner dritten und letzten Amtsperiode, deklarierte er sich als Unabhängiger. Schaden wird Obama die Unterstützung Bloombergs nicht – viel nützen auch nicht: In New York ist ihm die überwältigende Mehrheit sicher.
Indessen wächst die Kritik an Bloomberg – vor allem an seiner Entscheidung, den Marathon am Sonntag durchzuführen. Der Bürgermeister argumentiert, dies würde der Stadt 340 Mio. Dollar an Einnahmen einbringen. Seine Gegner bekritteln, der Marathon würde Hilfskräfte binden, die anderswo bitter benötigt würden.
Ganz in der Nähe der Verrazano Narrows Bridge, des Marathon-Startplatzes, hat der Hurrikan am schlimmsten gewütet. 19 Tote hat er allein in Staten Island, dem oft vergessenen und vernachlässigten fünften Bezirk New Yorks, gefordert. Der Sturm riss Glenda Moore ihre beiden Buben, zwei und vier Jahre alt, aus den Armen, als sie gerade flüchten wollte. Hier leben die Arbeiter, die die Infrastruktur Manhattans am Laufen halten. Jetzt beklagen sie sich über den Mangel an Einsatzkräften in Staten Island.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2012)